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Mannequins des Mittelalters

HINTERGRUND / WIENER FÜRSTENFIGUREN / BELVEDERE

19/06/19 Stylisch nach der neuesten Mode gekleidet, rank und schlank die Damen. Ebenfalls weniger zum Kämpfen als zum Repräsentieren und Weltbeherrschen gewandet die Herrn. Ihnen allen zu Füßen liegen Löwen, das Machtsymbol par excellence: Rudolf IV. und die Seinen in Stein. Die „Fürstenfiguren“ sind während der Renovierung des Wien Museums als Leihgaben in den Prunkstall des Unteren Belvedere übersiedelt.

Der Stephansdom ist nicht nur Wahrzeichen der Stadt Wien und Aushängeschild Österreichs. Seine Ausstattung enthält mittelalterliche Werke der Steinmetzkunst von außerordentlicher Qualität. Sechs der eindrucksvollsten Skulpturen sind die „Fürstenfiguren“ der Westfassade und des Hohen Turms.

Im Zuge der ersten großen Domrestaurierung wurden die wertvollen Skulpturen in den Jahren 1858 und 1870/71 durch Kopien ersetzt und dem Städtischen Museum übertragen. Heute sind sie Hauptwerke im Bestand des „Wien Museums“, das derzeit wegen Renovierung geschlossen ist. Matti Bunzl vom Wien Museum ist „überglücklich, dass die so wichtige Figurengruppe von Sankt Stephan dem Publikum auch während des Um-und Ausbaus zugänglich ist“. Über die Hohen Gäste aus dem Wien Museum freut sich auch Stella Rollig, die Generaldirektorin des Belvedere: „Die Mittelaltersammlung des Belvedere im Prunkstall birgt eine Vielzahl an kostbaren Werken der Epoche, vom romanischen Kruzifix über gotische Tafelbilder und Skulpturen bis hin zum Flügelaltar der frühen Neuzeit. Die berühmten Fürstenfiguren des Stephansdoms sind hier in einem würdigen Rahmen präsentiert und bereichern das Museumserlebnis für Besucherinnen und Besucher.“

Die Fürstenfiguren des Wiener Stephansdoms wurden im Zuge des Erweiterungsbaus unter Herzog Rudolf IV. dem Stifter geschaffen. Dieser setzte sich mit der monumentalen Skulpturengruppe gemeinsam mit seiner Gemahlin, der Kaisertochter Katharina von Böhmen sowie seinen und ihren Eltern machtbewusst in Szene. Ziel der Inszenierung war es, die herrschaftliche Stellung und den hohen politischen Anspruch des Herzogs zu verdeutlichen.

Die von ihm „erfundene“ Zackenkrone kennzeichne ihn, so die Kuratorin Veronika Pirker-Aurenhammer, im Rang eines Erzherzogs, den er sich durch die Urkundenfälschung des Privilegium Maius selbst zuschrieb. „Als Rudolf IV. nach siebenjähriger Regierung mit 26 Jahren starb, steckte der Ausbau des Langhauses und des Südturms der Stephanskirche noch in den Anfängen. Offen bleibt daher, ob die Figuren tatsächlich für die Standorte geschaffen wurden, an denen sie über Jahrhunderte standen.“ Künstlerisch bemerkenswert seien, so die Kuratorin, „die sinnliche Präsenz und der lebensnahe Ausdruck der hochgewachsenen, modisch gekleideten Gestalten, die mit eleganter Beweglichkeit auf symbolträchtigen Löwen stehen“.

 „Wie kein anderer österreichischer Landesfürst vor ihm wusste der junge ehrgeizige Herzog die Bildkünste zur Selbstdarstellung zu nutzen. Die Fürstenfiguren von Sankt Stephan zeugen von Rudolfs großen Ambitionen, sich als Landesherr von Österreich mehr Geltung im Heiligen Römischen Reich zu verschaffen. Sie sind eine der ersten Beispiele von Bildnisstatuen, die einen aktuell regierenden Fürsten und seine Familie zeigen. Somit sind diese künstlerisch herausragenden Werke der Wiener Hofkunst auch in kulturhistorischer Hinsicht höchst bedeutend.“ Herzog Rudolf IV. (1339 -1365) regierte Österreich von 1358 bis 1365 und gilt als einer der energischsten habsburgischen Herrscher. Neben dem Ausbau von Sankt Stephan ist ihm auch die Gründung der Wiener Universität zu verdanken. (Belvedere/dpk)

Wiener Fürstenfiguren. Gotische Meisterwerke des Stephansdomes – bis Ende der Renovierung des Wien Museums im Prunkstall des Belvedere -  im Rahmen der Sonderausstellung gibt es ein umfassendes Rahmenprogramm mit Experten- und Themenführungen - www.belvedere.at
Bilder: Belvedere / Johannes Stoll

 

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