Die Emanzipation der Dissonanz

LEOPOLD MUSEUM / AUSSTELLUNG

17/07/19 Das Leopold Museum entwirft mit seiner neu konzipierten Dauerpräsentation „Wien 1900 – Aufbruch in die Moderne“ eine opulente Schau, die einen in Dichte und Komplexität einzigartigen Einblick in das Phänomen Wien der Jahrhundertwende bietet.

Die Neupräsentation zeigt nicht nur Meisterwerke aus der Sammlung des Leopold Museum, sondern ermöglicht es, die Stimmung jener pulsierenden Zeit mit all ihren Gegensätzlichkeiten darzustellen. Die Donaumetropole Wien war gleichzeitig die Stadt des Hochadels und der bürgerlichen Industriellen und Intellektuellen, der prachtvollen Ringstraße und endloser Armenviertel, des Antisemitismus und des Zionismus, des Konservatismus und der einsetzenden Moderne.

Glanz und Elend, Traum und Wirklichkeit, Selbstauflösung und Neuaufbruch bezeichnen den ästhetischen Pluralismus. Diese, von Arnold die „Emanzipation der Dissonanz“ genannte Atmosphäre markiert das Wien jener Zeit als Versuchsstation für eine turbulente Erneuerungsbewegung. In diesem heterogenen Milieu findet jene einzigartige Verdichtung an Kulturleistungen statt, die Wien um 1900 zu einem Quellgrund der Moderne machen. Dieser Aufbruch fand vielen Künsten und Wissenschaften statt, von der Malerei und den grafischen Künsten, über Literatur, Musik, Theater, Tanz und Architektur bis hin zu Medizin, Psychologie, Philosophie, Rechtslehre und Ökonomie.

Die umfassende, sich über drei Ebenen erstreckende Ausstellung im Leopoldmuseum präsentiert den Glanz und die Fülle künstlerischer und geistiger Errungenschaften einer Epoche, die geprägt war vom Aufbruch der Secessionisten bis hin zum Untergang der Monarchie und dem verwundernd gemeinschaftlichen Tod herausragender Künstler der Wiener Moderne Jahr 1918. Neben Realismus und Stimmungsimpressionismus österreichischer Provenienz, stehen in der Präsentation die innovativen Leistungen der Secessionisten (Gustav Klimt, Koloman Moser, Carl Moll etc.) und die Idee des Gesamtkunstwerkes, das die Durchdringung aller Lebensbereiche durch Kunst ermöglichte, im zentralen Fokus der vierten Ausstellungsebene. In der dritten Etage wird die Überwindung der Stilkunst durch die Vertreter des österreichischen Expressionismus (Richard Gerstl, Oskar Kokoschka, Egon Schiele etc.) gezeigt. Die Tendenzen der Selbstauflösung im Politischen, Gesellschaftlichen und vor allem im Individuellen konnten die malerischen Seelenforscher des Expressionismus nicht mehr negieren und schlugen einen radikal anderen Weg ein. Den Schlussakkord der Schau setzen im Erdgeschoß jene Schöpfungen, die zwischen abstrahierend- expressionistischem Stil (Anton Kolig, Herbert Boeckl, Marie-Louise von Motesiczky etc.) und Positionen der Neuen Sachlichkeit (Rudolf Wacker, Otto Rudolf Schatz, Greta Freist etc.) oszillieren. (Leopoldmuseum/dpk-Jäger)

Leopoldmuseum - WIEN 1900 - AUFBRUCH IN DIE MODERNE - Folder zur Ausstellung  - www.leopoldmuseum.org
Bilder: Leopoldmuseum Wien/Manfred Thumberger, Griesebach GMBH