Der Teufelsgeiger spukt wieder

REST DER WELT / BAD ISCHL / PAGANINI

25/07/11 Hexentanz und Teufelsgeiger Paganini stehen dem 50-Jahre-Jubiläum gut an, denn die Operette "Paganini" ist ein echtes Ischler Produkt.  Franz Lehár komponierte in seiner Sommervilla in Bad Ischl den größten Teil der Musik zu der  mit allerlei Wirrnissen angereicherten bittersüßen Liebesromanze.

Von Elisabeth Aumiller

altEs geht um die Liaison zwischen dem italienischen Geigenvirtuosen Niccolò Paganini und der Fürstin Anna Elisa, der Schwester Napoleons. Eine Fülle von Lehárs berühmtesten Melodien tanzt  ins operettenwillige Ohr: Allen voran  das „Tauberlied“ „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst“, gefolgt von weiteren Zugstücken wie dem  Walzerlied „Liebe, du Himmel auf Erden“,  „So ein Mann ist eine Sünde wert“, „Niemand liebt dich so wie ich“, „Deinen süßen Rosenmund“, „Mit den Frau’n auf du und du“, „Einmal möcht’ ich was Närrisches tun“, „Was ich denke , was ich fühle“. Dazu kommt der Reichtum an  orchestralen farbenreichen Klangreizen, die sehr wohl Lehárs Begegnung und Freundschaft mit Giacomo Puccini spüren lassen.

alt„Paganini“ markiert in Lehárs Schaffen den Beginn seiner sogenannten „tragischen“ Operetten, in denen das Liebespaar kein Happy End erlebt, sondern Verzicht leistet für eine Art Mission oder  höheren Auftrag. Musikalisch bewegt sich diese Form in Richtung Oper, was auch dem Protagonistenpaar operngeschulte Stimmen abverlangt.

Und hier setzt das Lehár-Festival wieder erfolgreich auf das bereits bewährte Duo Miriam Portmann als Fürstin Anna Elisa und Vincent Schirrmacher in der Titelpartie. Schirmachers Tenor punktet mit vokalem Glanz,  strahlender Höhe und nützt auch  Piano-Effekte für gefühlvollen Ausdruck. Sein Paganini hat Präsenz und gibt sich alle Mühe, geheimnisvoll dämonische Ausstrahlung  ins Spiel zu bringen. Leuchtender Schlusspunkt sein finales Credo  „Komm in die Welt“! Als Schirrmachers  Violin-virtuoses Paganini-Double brilliert der Geiger Marko Radonic in den drei nostalgisch schillernden Instrumentalsoli. Miriam Portmann setzt ihren Sopran leuchtend, klangintensiv und mit kraftvoller Verve ein. Voll warmen Gefühls singt sie den entsagungsvollen Schlussmonolog, mit dem sie den Geliebten freigibt: „Du darfst keiner Frau gehören, du gehörst der ganzen Welt“.

altDas Buffo-Paar Marchese Pimpinelli und Bella Giretti findet in Michael Pflumm und Verena Barth-Jurca agil-quirlige  und spielbegabte Darsteller. Barth-Jurca macht gute Figur als  exaltierte Primadonnen-Parodie und Pflumm mutiert vom tölpelhaften Unglücksraben schließlich zum erhörten Liebhaber der koketten Bella Giretti. Zuverlässig zieht Gerhard Balluch  seine bewährten Komikregister als Impresario Bartucci, Graf Hédouville oder Schmuggler Beppo. Tomaz Kovacic ist als Fürst Bacciocchi  eher lächerliche Charge als komische Witzfigur. Vinzenz Praxmarer erweist sich wieder einmal als ebenso temperamentvoller wie einfühlsamer Dirigent und Kenner des Lehár-Werkes. Er gibt der wiegenden Walzerrhythmik tänzerisches Profil und  der Klangpalette Kontur, entlockt den Musikern auch lyrische Zwischentöne ebenso wie dramatisch sich steigernde Klangfülle. Den Sängern ist er Stütze.

Regisseur Leonard Prinsloo wird beim Lehár-Festival für seine Handschrift seit langem geschätzt. Dramaturgisch ist das Stück  szenisch nicht sehr ergiebig, die  Musik hat hier das absolute Primat. Aber Prinsloo macht das Beste daraus. Er führte die Personen rollendeckend  und sorgte für Schlichtheit und klare Linien, dem auch die „entplüschte“  Szene von Bühnenbildnerin Katharina Sauer Rechnung trägt. Im „Handumdrehen“ verwandeln sich die blumigen Kulissenpanele in einen  „Himmel der Teufel“, wohl als passendes Ambiente für den Teufelsgeiger. Die Kostüme von Monika Biegler fallen leider nur für Paganini und  Bella Giretti vorteilhaft aus.

Der gut klingende Chor schlüpft in  eine aufmunternde Rolle voller Bewegung und effektvollen Umtriebs, was sich vor allem im letzten Akt in der Schmugglerschenke „Zum rostigen Hufeisen“ bühnenfüllend gestaltet. Insgesamt wäre eine Straffung der  Dialoge auf das unbedingt Nötige gewinnbringend für den musikalischen Fluss und die Spannung der Aufführung. Es ist vor allem musikalisch ein lohnender Operettenabend.

Weitere Aufführungen bis 3. September zu sehen. Die zweite Premiere gilt am 23. Juli Lehars "Paganini". - www.leharfestival.at
Bilder: Lehar-Festival / Foto Hofer