Ein Sehnsuchtsort – für Kunstliebhaber

REST DER WELT / RIEHEN / PAUL GAUGUIN

05/06/15 Weil es die Schweiz ist, reden wir doch übers Geld: Die fünfzig Werke von Leihgebern aus 13 Ländern haben einen Versicherungswert von 2,5 Milliarden US-Dollar. Angeblich lockt die Gauguin-Ausstellung in Riehen bei Basel an guten Tagen zwischen 2000 und 3000 Besucher an.

Von Wolfgang Stern

Auf die letzte Gauguin-Schau in vergleichbarer Dimension muss man im deutschen Sprachraum schon mehr als eine Dekade zurückblicken. Dass man die Schau, wie sie sich jetzt darbietet, so nicht wieder sehen werde, glaubt man den Verantwortlichen gerne: Vor ein paar Wochen erst haben wir ja erlebt, wie Kunst um astronomische Preise versteigert wurde – Preise, bei denen Museumsdirektoren mit ihren meist vergleichsweise bescheidenen Ankaufsbudgets zum ohnmächtigen Zuschauen verurteilt waren.

Nehmen das Gemälde „Nafea faaipoipo“ ( „Wann heiratest Du?“). Die „Nafea“ war eine Leihgabe an das Kunstmuseum Basel vom Rudolf Staechelin Family Trust, welche das Gemälde verkauft hat. Nun werde das Bild wohl, so heißt es, nach der derzeitigen Ausstellung in orientalischen Privatgemächern in Katar verschwinden. Man munkelt, dass sein neuer Besitzer 300 Millionen US-Dollar dafür habe springen lassen. Dass das ein schmerzlicher Verlust für die Kunststadt am Rhein ist, braucht man nicht zu betonen.

Erst mit 35 Jahren begann Paul Gauguin nach seiner Tätigkeit als Börsen- und Versicherungsmakler mit dem professionellen Malen auf der Suche nach Freiheit und Glück im Leben. Leider begleiteten ihn in Europa und Übersee zahlreiche Tiefschläge, von denen er sich nie wirklich erholen konnte (Unzufriedenheit mit der französischen Kunstwelt, Geldnöte, Herzprobleme, Plünderung seines Ateliers in Tahiti von der eigenen Geliebten Annah, dann angeblich Syphilis, Selbstmordversuch, Alkoholprobleme, angedrohte Haftstrafe wegen Verleumdung vor seinem Tod am 8. Mai 1903 in seiner Hütte in Atuana). Seine wenigen wirklich guten Jahre waren zu Beginn seines Tahitiaufenthaltes. „Hier in der Einsamkeit kann man wieder erstarken. Hier löst sich die Poesie von ganz allein“, schrieb er. Aber bald stand für ihn fest, dass auch das hier nicht sein „Sehnsuchtsort“ sein werde. Es zog ihn weiter auf die rund 1500 km entfernte Marquesainsel Hiva Oa: „In der Stille der schönen tropischen Nächte, den sanft rauschenden Klängen in meinem Inneren lauschen.“ In Hiva Oa hat Gauguim auch seine letzte Ruhestätte gefunden.

Gauguin wurde zu einem Maler zwischen den Kulturen, dessen Bilder von Sehnsucht erzählen. Seine Träume, seine Liebe am Abenteuer und sein Einsatz für die einheimische Bevölkerung scheiterten immer wieder an der Realität des Lebens. Die Welt dort war nicht so unversehrt, wie er sie in seinen Bildern aus einer Idealvorstellung heraus malte. Einer der größten Maler der Wende zum 20. Jahrhundert schaffte es nicht, einen gewissen Wohlstand und Lebensqualität zu erreichen, vereinsamt und mittellos musste er die letzten Lebensjahre verbringen.

Seine Südseebilder suchen seinesgleichen und sind stark geprägt von der Kultur der Völker, den Bewohnern und dem Licht. Natürlich stehen die Tahiti-Bilder im Zentrum der Schau, die aber auch Gauguins vielgestaltige Selbstporträts zeigt. Nicht zu vergessen auch auf die visionären und spirituellen Bilder aus seiner Zeit in der Bretagne. Neben Gemälden präsentiert die Ausstellung auch eine Auswahl geheimnisvoller Skulpturen Gauguins, welche die damals schon weitgehend verschwundene Kunst der Südsee lebendig werden lassen.

Hoffen wir, dass „Nafea“ nach ihrer Reise in in das Öl- und Gasland Katar gut aufgehoben sein und vielleicht doch noch hin und wieder den eigentlichen Kunstkennern und –freunden gezeigt wird.

Bis 28. Juni in der Fondation Beyeler Riehen bei Basel. Angesichts des Publikumsansturms ist es wohl sinnvoll, auch an Wochentagen bereits zur Öffnungsstunde (9 Uhr) anwesend zu sein. – www.fondationbeyeler.ch
Bilder: Kunstmuseum Basel / Martin P. Bühler (1); Staatliche Kunstsammlungen Dresden, / Jürgen Karpinski (1); Musée dʼOrsay, Paris (1)