Vom Hirt zum König – leider nur geträumt

REST DER WELT / ZÜRICH / IL RE PASTORE

05/07/11 Rolando Villazón abermals als Mozart-Tenor. Bejubelte Aufführung von Mozarts letztem Jugendwerk „Il re pastore“ als zweite Zürcher Festspielpremiere. William Christie und Grischa Asagaroff bereiten einen Festspiel-Leckerbissen.

Von Oliver Schneider

Mozarts aus Anlass des Besuchs von Erzherzog Maximilian, Maria Theresias jüngstem Sohn, 1775 in Salzburg uraufgeführte Serenade  „Il re pastore“ ist hier ein erfrischend gespielter, märchenhaften Traum eines Schulbuben in einem Barockgarten. „Il re pastore“ ist das letzte von Mozarts musikdramatischen Jugendwerken, mit dem folgenden „Idomeneo“ sollte er bereits den starren Weg der Opera seria verlassen.

Sommerlich leicht ist die Inszenierung von Asagaroff, der nächstes Jahr mit Pereira als künstlerischer Betriebsdirektor nach Salzburg wechseln wird. Er knüpft bewusst an Jean-Pierre Ponnelles unvergessliche Mozart-Zyklen an, bei denen er als Assistent mitgearbeitet hat. Zu den Klängen der vital und luftig artikulierten Ouvertüre besucht eine Schulklasse einen römischen Barockgarten mit Brunnen, der „Fontana del pastore“. Während ein Parkwächter die Klasse nach dem Gruppenfoto weitertreibt, versteckt sich einer der Burschen in der Brunnenanlage und träumt das Schäferspiel vom Hirten, der eigentlich ein König ist. Asagaroff schließt so den Bogen von der Gegenwart zur Entstehungszeit.

Nachdem Alexander der Große den Stadtstaat Sidon erobert hat, macht er den dort als Hirten lebenden Aminta, den eigentlichen Herrscher, zum König. Heiraten soll er Tamiri, die Tochter des gestürzten Tyrannen Strato. Er liebt aber Elisa, für die er auf die Königswürde verzichten will. Schlussendlich zeigt sich Alexander gleichermassen als Friedens- und Ehestifter: Aminta heiratet Elisa, Tamiri bekommt Alexanders Berater Agenore zum Mann.

Asagaroff gelingt es, die durch die Da Capo-Arien vorgegebene starre Form durch eine durchdachte Personenführung sowie sparsam eingesetzte dezente Späße aufzulockern. Bühne und Kostüme von Luigi Perego liefern den passenden Augenschmaus dazu. Auf den Kostümen finden sich Motive aus Rokoko-Gemälden von François Bucher und Jean-Honoré Fragonard wieder.

Martina Janková stattet den Hirten Aminta mit warmer, sensibler Tongebung und leuchtendem Klang aus. Als Elisa kann Malin Hartelius mit mühelosen Koloraturen und flüssiger Stimmgebung punkten. Sandra Trattnigg bringt zwar für die Tamiri eine schöne Mittellage mit, lässt aber die nötige Agilität vermissen. Benjamin Bernheim als Agenore besitzt ein charismatisches lyrisches Timbre, dürfte seinen Vortrag aber stärker differenzieren.

Rolando Villazón hat sich schon an der Mozartwoche im Jänner in Salzburg als Mozart-Interpret präsentiert; in Baden-Baden wird der Ottavio im „Don Giovanni“ demnächst folgen. In Zürich nun gestaltet den Alessandro mit viel Leidenschaft und Charme. Zuweilen wünscht man sich stimmlich eine stärkere Fokussierung, vor allem aber fehlt es seinem baritonal gefärbten Tenor an einem soliden Fundament. Beachtlich sicher gelingen ihm die Koloraturen des vor allem im zweiten Akt heroisch auftretenden Herrschers.

William Christie sorgt für eine insgesamt grazile, mal sanfte, mal lebendige Begleitung am Pult des ausgezeichneten Barockorchesters La Scintilla. Dank der Instrumentierung mit konzertanten Holzbläsern, Hörnern und Solovioline bietet die Partitur einiges zu entdecken, was Christie und die Musiker genüsslich auskosten.

Weitere Vorstellungen: 7. und 9. Juli 2011, sowie ab Mai 2012. - www.opernhaus.ch