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Cenerentola, die alte Junge

REST DER WELT / MONTE CARLO, PARIS

15/11/17 Cecilia Bartoli beschert das Publikum in der prächtigen Salle Garnier mit einer fulminanten Angelina in Rossinis „La Cenerentola”, während in Paris seit Sonntag die „Zweitbesetzung” im neuen „Don Carlos” unter Philippe Jordan reüssiert.

Von Oliver Schneider

Nein, Cecilia Bartoli ist nicht mit der Salzburger Festspiel-Cenerentola-Inszenierung von Damiano Michieletto auf Tournee gegangen, sondern hat sich für ihr „Heimspiel“ mit den Musiciens du Prince Monaco die gute alte Ponnelle-Inszenierung der Bayerischen Staatsoper gewünscht. Grischa Asagaroff hat sie liebevoll herausgeputzt – und siehe da: Sie funktioniert wie eh und je und lässt den dreistündigen Abend im Fluge vergehen. Die wunderschönen Kostüme und die Prospekthäuser im Stil der Entstehungszeit, die sich immer wieder zum Kammern und Sälen öffnen, fügen sich in das intime und akustisch hervorragende Haus. Charles Garnier reduzierte die Pariser Oper auf Miniaturformat und integrierte sie ins Gebäude des Spielcasinos. Und schon der Zuschauerraum erstrahlt in einer Neo-Rokoko-Üppigkeit, dass man ihn schon fast als Teil einer jeden Aufführung betrachten muss.

Sieht man heute eine der legendären Rossini-Produktionen von Jean-Pierre Ponnelle, fallen einem gewisse Muster – zum Beispiel die Chorführungen und die Finali an der Rampe – wieder auf. Was aber viel wichtiger ist: Ponnelles Inszenierungen sind immer ganz nah am Fluss der Musik entstanden. Während halsbrecherischer Koloraturen und Fiorituren zwang Ponnelle die Protagonisten nie zu szenischer Akrobatik. Seine Inszenierungen mögen heute wegen ihrer zeitlichen Verortung der Handlung als konservativ gelten. Die psychologische Brille hatte er bei seinen Personenzeichnungen aber sehr wohl auch auf, denn einfach nur schön und unterhaltsam ist seine „Cenerentola“ nicht, wenn man sich die Mühe macht, richtig in den Abend einzusteigen.

Angelinas Vater Don Magnifico verbirgt hinter seiner Kauzigkeit nämlich eine ganze Portion Bosheit und Verschlagenheit (immer wieder eine Klasse für sich in dieser Partie Carlos Chausson), den die Ernennung zum Kellermeister des (falschen) Prinzen völlig in die Verblendung treibt. Und die beiden Stiefschwestern Clorinda und Tisbe sind nicht nur zwei halbschlaue Komödiantinnen (hinreißend Rebeca Olvera und Rosa Bove), sondern stehen auch für von Missgunst getriebene Frauen. Edgardo Rocha besitzt einen im Legato-Gesang samtigen und in den Koloraturen sicheren Rossini-Tenor, während Nicola Alaimo als sein Kammerdiener Dandini zwar etwas grob intoniert, aber ein Erzkomödiant ist. Vincenzo Nizzardo gibt einen zurückhaltenden, aber sonoren Alidoro, den Erzieher des Prinzen.

Cecilia Bartoli ist immer wieder ein Wunder, scheint doch weder ihre Stimme über die vielen Jahre, die sie die Angelina bereits im Repertoire hat, noch sie selbst an Frische zu verlieren. Wunderbar fügt sie sich in den mehrheitlich jungen Kreis der Protagonisten ein und bildet immer nur einen, wenn auch zentralen, Mosaikstein in der Produktion. Als Angelina darf sie vor allem wieder beweisen, zu was für Koloraturfeuerwerken und Verzierungen sie auch nach einer längeren, gut gesteuerten Karriere noch in der Lage ist. Ein großer Abend, auch dank der Musiciens du Prince Monaco unter Gianluca Capuano, die für einen lockeren, pfiffig schwebenden Lustspielton und das nötige Brio sorgen.

Während Elīna Garanča, Sonya Yoncheva und Jonas Kaufmann ihr Paris-Gastspiel in der neuen, leider zu steril inszenierten fünfaktigen „Don Carlos“-Produktion von Krzysztof Warlikowski in französischer Sprache schon beendet haben, zeigt nun die Zweitbesetzung seit Sonntag ihr Können. Manches andere, ebenso große Haus würde sich wahrscheinlich glücklich schätzen, könnte es eine solche Schar als Erstbesetzung bieten. Pavel Černoch ist ein strahlender Infant Carlos, Hibla Gerzmava gibt die Elisabeth mit runden Höhen, viel Wärme in der Mittellage und mit großem Atem gesungenen Legati. Ekaterina Gubanova überzeugt als Eboli in den Koloraturen des Schleierlieds genau wie im dramatischen „Ô don fatal et détesté“. Die übrigen Partien sind gleich besetzt (Ildar Abdrazakov als Philippe II, Ludovic Tézier als Rodrigue und Dimitry Belosselskiy als Grand Inquisiteur). Jubel für alle Protagonisten, den gut einstudierten Chor und den perfekt koordinierenden Philippe Jordan am Pult des Orchesters der Opéra national de Paris.

Nächste Produktion der Opéra Monte Carlo ab 19. November „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea – www.opera.mc In der Opéra Bastille kommt als nächstes (ab 26.11.) Giuseppe Verdis „Falstaff“ heraus – www.operadeparis.fr
Bilder: www.opera.mc (2); www.operadeparis.fr (1)

 

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