Die gefiederten Freunde sind ausgeflogen

REISEKULTUR / KLÖSTER UND DIE NATUR

01/10/14 Österreichs Klöster von Admont bis Klosterneuburg, von Kremsmünster und St. Florian bis Seitenstätten assoziiert man natürlich zuerst mit hochkarätigen Kunstsammlungen. Was weniger oft beachtet wird: die naturwissenschaftlichen Kollektionen.

Von Reinhard Kriechbaum

Orgelklänge sind allemal eine gute Assoziation im Stift St. Florian. Der frei stehende Marmorsaal, mit seinem Deckenfresko Bartolomeo und Martino Altomonte, ist außerdem der herrlichste klösterliche „Musik-Pavillon“ in Österreich. Übrigens: Das Motiv des monumentalen Deckenfreskos dort steht für eine Stimmung, die der heutigen Islam-Feindschaft durchaus ähnelt: Kaiser Karl VI. setzt in der Gestalt Jupiters seinen Fuß auf einen besiegten Osmanen setzt und nimmt die Huldigung durch die wieder vereinigten Länder Österreich und Ungarn entgegen. Dazu fällt einem natürlich Rottmairs „Türkenstechen“ im Salzburger Festspielbezirk ein: jenes Decken-Tableau im Karl-Böhm-Saal, das man auch nicht nach der Messlatte der Political correctness messen sollte.

Aber wir wollen etwas ganz anderes aus St. Florian berichten: von der wenig bekannten Vogelsammlung, die soeben zum zweiten Mal das Stift verlassen hat – diesmal wohl endgültig. Die aus 349 Präparaten in 171 Arten bestehende Sammlung wird künftig im Biologiezentrum des Oberösterreichischen Landesmuseums in Linz ausgestellt und wissenschaftlich betreut.

Wie waren die Vögel nach St. Florian gekommen? Ein Pater im frühen 19. Jahrhundert war begeisterter Ornithologe. 1821 hat der Augustiner Chorherr Josef Schmidberger damit begonnen, in der Umgebung von St. Florian im Bereich der Traun-Enns-Platte, in den Donauauen sowie an den Mündungsgebieten von Traun und Enns Vögel zu sammeln. Mit Schmidbergers Tod ging im Stift St. Florian das Interesse an den ausgestopften Vögeln weitgehend verloren. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte ein Vogelforscher die wissenschaftliche Bedeutung der Sammlung und nützte sie für eine erstmalige Zusammenstellung aller in der Region heimischen Arten. Er legte 1854 ein erstes Inventar und Fundortverzeichnis an.

Nach Auflösung der Stifte während des Nationalsozialismus wurde die klösterliche Vogel-Kollektion nach Linz transferiert und der zoologischen Sammlung am Oberösterreichischen Landesmuseum einverleibt. Nach Kriegsende kamen die Vögel aber wieder ins Stift zurück.
Es ist die einzige erhaltene oberösterreichische Vogelsammlung aus dem frühen 19. Jahrhundert, welche eine lokalfaunistische Interpretation zulässt. Nun also ist sie wieder in Linz und unter wissenschaftlicher Obhut.

Schade eigentlich, denn eine solche Sammlung verrät ja immer auch etwas über den Hintergrund, vor dem sie angelegt wurde. Nicht selten waren naturkundlich sich engagierende Mönche Begründer solcher Schatz-Räume. Im steirischen Admont ist schon mancher Besucher der sonst hypermodernen Museumslandschaft rund um die Bibliothek schier in Verzückung geraten, wenn er in den Raum mit den Tierpräparaten gekommen ist: Die alten Glasvitrinen sind eigentlich schon eine Schau für sich. Ebenfalls in Admont ist eine der umfangreichsten Insektensammlungen. Allein 80.000 Fliegen! Die Vogelbilder auf dieser Seite sind alle dort entstanden. Und eine Wunderkammer für sich ist die Ausstellung der wächsernen Äpfel und Birnen, die Pater Constantin Keller (1778–1864) geformt hat. - Aus Admont stammen die meisten Bilder auf dieser Seite.

48°03'21" N, 14°08'01": Das ist die astronomisch genau Adresse von Kremsmünster. Besser ortet nicht mal GPS. Was es da nicht alles gibt in dem Gebäude neben dem Stift, das auch „Mathematischer Turm“ heißt! Im „Wetterkammerl“ werden seit 1763 meteorologische Beobachtungen angestellt. Es gibt weltweit keine einzige Wetterstation, die auf eine Messreihe von 240 Jahren verweisen kann, die nie durch einen Standortwechsel unterbrochen worden ist. Da weiß man also schon, woran man ist mit dem Wetter. Seit 1895 ist hier auch eine seismische Beobachtungsstelle.

Die Sternwarte ist viel mehr als eben das. In sechs Stockwerken bietet sie Streiflichter auf die naturwissenschaftliche Forschung über fast ein Vierteljahrtausend. 1749-58 ist das Gebäude als naturwissenschaftliche Arbeitsstätte der Benediktiner von Kremsmünster erbaut worden. Da gibt es also eine reichhaltige prähistorische Sammlung. Rund 12.000 Stücke birgt man in den historischen Vitrinen des Mineralogischen Kabinetts. Im Physikalischen Kabinett haben sich natürlich vor allem die einschlägigen Gerätschaften angesammelt, die für die Forschungsbereiche der Sternwarte (Geodäsie, Meteorologie, Seismik) wichtig waren. Es gibt weiters eine Zoologische Sammlung und viele Schaustücke aus dem Bereich der Botanik. Pilzmodelle aus Wachs sind zu bewundern, Glasmodelle von Meerestieren und eine „Xylothek“, eine Holzsammlung in Buchform. Ein fleißiger Pater ist mit einer Kolibri-Sammlung aus der Mission heimgekehrt.

Einen liebenswürdigen Raum birgt auch das Stift Seitenstetten in Niederösterreich. Das Besondere am Naturwissenschaftliche Kabinett dort mit seinen Mineralien und Muscheln ist der Rokoko-Raum selbst: die liebevoll-gediegene Aufstellung, in kleinen Glas-Kästchen auf verspielten Konsolen. Das ist sinnliche Natur-Vermittlung, wenn man will, angewandte Museumspädagogik – erdacht vor 250 Jahren!

 

www.stiftadmont.at
stift-kremsmuenster.net
www.stift-seitenstetten.at
www.stift-st-florian.at

 

Bilder: dpk-krie (5); Stift Seitenstetten (1)