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Plim-plim singen die Batinadùri

 

REISEKULTUR / ROVINJ / ALTE FISCHERGESÄNGE

05/09/14 Was für eine Herrenrunde am Nachbartisch des Wirtshauses! In welcher Sprache singen sie eigentlich? Italienische Wörter erkennt man, aber auch kroatische. Und noch viele andere, die man von Klang und Idiom her nicht recht zuzuordnen weiß.

Von Reinhard Kriechbaum

„Istrioto“ ist eine jener Sprachen, die eigentlich im Aussterben wäre, würden nicht da und dort engagierte Menschen Gesprochenes niederschreiben. Oder, wie in diesem Fall, zu Singendes einfach wirklich (noch) singen. Die Spezialität dieser Sängerrunde ist die „Bitinada“, eine ganz spezielle Liedtradition der Fischer von Rovinj.

Der Überlieferung nach ist das Bitinada-Singen daher gekommen, dass die Fischer am Hafen saßen und stundenlang ihre Netze flickten. Da war keine Hand frei, um den Gesang mit Instrumenten zu begleiten. Also ahmten sie das Plim-plim der Gitarre oder das Dumm-dumm des gezupften Basses einfach vokal nach. Bis zu fünfzehn Leute können zusammenkommen und eine solche Bitinada anstimmen. Das gibt schon einen klangvollen pseudeo-instrumentalen Vokal-Untergrund für die üblicherweise zwei Vokalstimmen. Einige Sänger verstehen sich sogar drauf, das Tremolo einer Mandoline nachzuahmen.

„Bitinadùri“ heißen die Sänger in der Sprache der Istrioti, die in ihrer Vokalfärbung ein wenig ans Furlanisch (der indigenen Sprache im Friaul) erinnert und durchsetzt ist mit kroatischen Ausdrücken. Die Fischer heißen da nicht „piscatori“, sondern „piscatur“. Das Batana-Singen lässt sich heutzutage die italienische Communità in Rovinj angelegen sein.

Es ist in der Küstenstadt, neben Porec dem touristischen Epizentrum, vielleicht besonders wichtig für die Bewohner, dass sie sich alte Traditionen vergegenwärtigen. Eine alte Handwerkskunst liegt im Bootsbau. „Batana“ ist der Name der speziellen Fischerboote, die im Stehen gerudert werden. Ein Museum im Hafen von Porec, in einem Haus, das früher wohl einmal wirklich von einem Fischer bewohnt worden ist, wurde vor einigen Jahren als Museum eingerichtet: Es ist speziell dem Bau der Batana und den althergebrachten Fischerei-Techniken gewidmet. Klein, aber fein ist dieses Öko-Museum, mit multimedialen Möglichkeiten. Da kann man zum Beispiel auch kleine Filmporträts von „Native-Speakern“, vor allem von Fischern, anschauen und dem istriotischen Sprachklang nachlauschen.

Das Museum, die Pflege der Batana, die schlichte Wein-Ausschank, die hier „Spàcio“ heißt: Das ist verknüpft worden zu einer touristischen Initiative, die schon vor einigen Jahren eine Auszeichnung bekommen hat: Die blaue Blume für das beste Tourismusprodukt an der oberen Adria.

Ein solcher organisierter Abend beginnt mit einem Besuch im kleinen Museum. Dann geht’s weiter an die Pier, wo schon mehrere Batanas mit ihren Ruderern bereit stehen. Sechs bis acht Leute finden Platz im Boot. Eine rote Schärpe haben die „Gondoliere“ um die Hüften gebunden. In einem eigenen Boot sitzen die Sänger. Einer hat eine Gitarre dabei: Unter freiem Himmel auf den Wellen singt man doch zum Instrument. Die eine oder andere italienische Schnulze darf da schon sein und es erklingen auch dalmatinische Volkslieder. In der Gegend ist man aus jahrhundertelanger Gewöhnung multi-kulturell. Das Auseinanderdividieren der Volksgruppen war ein böser nationalistischer Spuk in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Altstadt von Rovinj wird per Boot umfahren. Aus dieser Perspektive nimmt man besonders deutlich eine Besonderheit der Stadtarchitektur wahr: Es gibt keine Uferpromenaden auf dem ovalen Eiland, die Häuser sind unmittelbar ans Meer gebaut. Die schmalen Stiegen-Gässchen enden abrupt am Wasser. Hier auf dem Wasser fühlt man sich wohltuend fern von den Besuchermassen.

Nach der Altstadt-Umrundung im Sonnenuntergang legen die Batanas nacheinander an einer solchen Gassen-Mündung an. Dort ist die Spàcio des Herrn Roman Matika. Er betreibt das einfache Lokal, in dem allerlei alte Gerätschaften und natürlich Vertrauen erweckende Weinfässer herum stehen, im Schulterschluss mit dem Öko-Museum. Nur an zwei Abenden in der Woche hat er offen: für jene, die der Batana-Boote und der Bitinada-Gesänge wegen kommen.

Wie am Stammtisch nehmen die Sänger Platz. Und dann – nach den Sardellen kommen gerade die Muscheln auf den Tisch – hört man die ersten Bitinadas. Santin Gianfranco, ist eindeutig der Primo huomo in der unterdessen auf ein Dutzend Sänger angewachsenen Gruppe. Aber im Lauf des Abends legt jeder von ihnen mal ein Solo hin. Das klingt alles so selbstverständlich. Als ob die „Bitinadùri“ rein zufällig gerade heut zusammen gekommen wären. Einfach, um sich die Zeit mit Gesang zu vertreiben.

Das Eco-Museum in Rovinj hat in der Saison von 10-14 und 19-23 Uhr geöffnet. Batana-Rundfahrten mit anschließendem Besuch eines „Spácio“ gibt es jeden Dienstag und Donnerstag – www.batana.org
Ein Hoteltipp: Direkt gegenüber der Altstadt liegt die Katharineninsel mit einem Hotelbetrieb. Ein wenig weiter südlich lgibt es ein weiteres Insel-Resort, Sveti Andrija mit dem riesigen Komplex des Hotel Istra. Wunderbare Bademöglichkeiten, auch für Kinder. Man kann da obendrein auf den Spuren eines altösterreichischen Industriellen wandeln, der dort einen alten Klosterkomplex zu einem maritimen Schlösschen umbauen ließ und sich auf einem über einen Damm erreichbaren Nachbarinselchen ein Mausoleum hat erbauen lassen. – www.maistra.com/Istra_Rovinj
Tourismusverband Istrien, Tel. +385 (0)52 / 452 797, www.istra.com
Bilder: dpk-krie

 

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