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Liederliches Almleben nicht ausgeschlossen

REISEKULTUR / OSTTIROL

08/06/12 Gibt es auf der Alm wirklich keine Sünd’? Ein Geistlicher aus Gmünd hatte im 17. Jahrhundert durchaus seine Bedenken und ahnte Böses, selbst wenn sich Leute beiderlei Geschlechts in alpiner Höhenluft bloß zum Kirchgang träfen.

Angeblich hatten Almleute ein Bild der Hl. Jungfrau Maria aufleuchten sehen, was vielleicht gar nicht so verwunderlich war, standen doch 23 Almhütten in Flammen. Grund jedenfalls, dass auch die Völksfrömmigkeit aufloderte und die Bauern im osttiroler Außergschlössl am Fuß des Venedigergletschers – heute nicht weit weg vom südlichen Tunnelportal an der Felbertauernstraße – im 17. Jahrhundert eine Kirche errichten wollten

Damals waren noch die Salzburger Erzbischöfe zuständig für das Matreier Gebiet (von 1212 bis 1805). Das „untertänigste“ und obendrein fromme Gesuch fand 1682 in Salzburg freilich keine Befürworter. Man konnte hier keinen Sinn an einem Kirchenbau auf knapp 1.700 Metern Seehöhe erkennen. Immerhin beauftragte man den Erzpriester von Gmünd im Liesertal (auch das war noch Salzburgisches Diözesangebiet) mit einer pastoralen „Expertise“. Er lehnte das Bauvorhaben mit der Begründung ab, dass wohl mehr Böses als Gutes geschehe, wenn Sennerinnen und Hirten sich abends zum Kirchgang träfen. Überhaupt nannte er das Leben der Almbewohner "liederlich".

Das focht die Almleute nicht an und sie finanzierten den Bau weitgehend aus eigener Tasche. Der rege Zuspruch an Kirchbesuchern überzeugte die Salzburger Behörden schließlich. Von der ersten hölzernen Kapelle, 1688 errichtet, ist noch ein zierlich geformtes Marienfigürchen erhalten. Zweimal riss eine Lawine das kleine Gebäude weg, bis man sich 1870 entschloss, das Gotteshaus in eine Felsenhöhle zu verlegen. Ein wenig hatte man mit einer Sprengladung nachgeholfen und praktischerweise die Raumgestaltung und die Natursteinfassade mit Türmchen dem Maurer- und Sprengmeister Ruprecht Unterhuber übertragen.

Das Kirchlein, das also aus einer Felsenhöhle und einer vorgeblendeten Stein-Fassade besteht, ist ein beliebtes Wanderziel von Matrei aus. Der Ort in Osttirol, der mit der Nikolauskirche übrigens auch ein grandioses Beispiel romanischer Architektur und Wandmalerei im Alpenraum bereit hält, ist heute Sitz der Tiroler Nationalparkverwaltung.
(Landeskorrespondenz/dpk-krie)

„Grenzfälle“ dieser Art stellt die Internet-Plattform www.salzburg.at/grenzfaelle des Landes Salzburg ein Mal im Monat vor. Die "Neuen Salzburger Grenzfälle", alle veröffentlichten Artikel zwischen 2007 und 2009, gibt es auch als Buch. Es kann kostenlos im Webshop des Landes unter www.salzburg.gv.at/landversand bestellt werden.
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