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Die Götter müssen berg-verrückt sein

REISEKULTUR / TÜRKEI / OSTANATOLIEN (1)

18/11/22 Antiochos I. war ein orientalischer König, der keine kleinen Brötchen gebacken hat. Bescheidenheit war nicht seine Zier, und so hat er seinem Namen der Unverwechselbarkeit wegen das Wort Theos angefügt. Gott. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Von Reinhard Kriechbaum

Um ihn und sein kurzlebiges kleinasiatisches Königreich Kommagene in Geschichtsbüchern zu finden, muss man schon ein wenig blättern. So bedeutsam war Antiochos I. Theos (69–36 v. Chr.) dann auch wieder nicht. Aber heutige Touristiker im Südosten der Türkei, im einstigen nördlichen Mesopotamien, müssen diesem König unendlich dankbar sein. Das Grab-Heiligtum, das er für sich hat bauen lassen, sucht seinesgleichen und ist ein Ziel, das kein Reisender auslassen sollte.

Ein magischer Ort. Über gut zwanzig Kilometer schlängelt sich eine sorgfältig steingepflasterte Straße auf den Berg Nemrut Dağı, auf ziemlich genau zweitausend Meter Seehöhe. Die letzten 150 Höhenmeter sind auf gut befestigten Wegen zu Fuß zurückzulegen. Dann steht man staunend vor den monumentalen Überresten einer der beiden Grab-Kultstätten. Steinerne Köpfe vorwiegend griechischer Götter, ein jeder gut zweieinhalb Meter groß.

Wie eingangs erwähnt, war Antiochos I. Theos nicht der Bescheidenen einer. An dem mächtigen Schotterkegel, der den Gipfel des Bergs Nemrut bildet, hat er gleich zwei Kultstätten errichten lassen, eine genau auf den Sonnenaufgang, die andere auf den Sonnenuntergang ausgerichtet. Was ein selbsternannter Gott ist, hat auch posthum gerne alles im Blick. Das ist wohl auch der Grund, dass er sich auf dem Berg Nemrut, der höchsten Erhebung in diesem Teil des Zweistromlandes nahe dem Euphrat, hat beisetzen lassen. Das Grab selbst suchen Archäologen seit 140 Jahren mit Fleiß, aber vergebens.

Diese Köpfe! Sie gehören eigentlich zu acht Meter hohen Monumentalstatuen, die im Ost-Heiligtum noch recht gut erkennbar sind. Erdbeben und wenig wohlmeinende Menschen haben die sitzenden Riesengötter um ihre Häupter gebracht. Der letzte fiel in den 1960er Jahren nach einem Blitzschlag herab. Seither stehen die Riesenköpfe zu ebener Erde und geben feine Fotomotive ab. In Prospekten heißt es, es sei einer der schönsten Sonnenuntergangs-Plätze auf der Welt, und das ist keineswegs übertrieben. Der abendliche Fernblick über die karstigen Bergrücken ist imponierend. Auch als Nicht-Gott darf man sich erhaben fühlen.

Von Antiochus I. Theos ist noch zu erzählen, dass er aus Figuren der griechischen und der persischen Mythologie eine recht kreative eigene Religion für sich und sein Reich gebastelt hat. In dieser Gegend berührten sich seit je her Mittelmeer- und orientalische Kulturen. Die Römer, die schon nach der Region griffen, ließen den kulturell hellenistisch und persisch beeinflussten Potentaten gewähren. Mit dem Tod des Antiochus im Jahr 36 v. Chr. war es dann geschehen um die Souveränität von Kommagene. Die Könige mussten sich fortan mit römischen Statthaltern herumschlagen, ähnlich wie in Judäa Herodes mit Pontius Pilatus. Und 76 nach Christus war es endgültig geschehen ums Königreich Kommagene.

Als Entdecker de Königsgrabs auf dem Berg Nemrut gilt der Deutsche Karl Sester. Er trieb sich als Straßenbauer und Landvermesser in der Gegend herum. Ein Kurde machte ihn 1881 auf die bis dahin im Westen unbekannten Steinköpfe aufmerksam. Sester schrieb sie den alten Assyrern zu. Archäologen haben die Dinge dann zeitlich korrekt ins erste vorchristliche Jahrhundert eingeordnet.

Der Berg Nemrut liegt 86 Kilometer nordöstlich von Adıyaman, einer Großstadt mit aktuell 640.000 Einwohnern. Die Region wurde 1988 zum Nationalpark erklärt, ein Jahr zuvor schon war die archäologische Stätte zum UNESCO-Weltkulturdenkmal gekürt woorden.

Auf der gut anderthalbstündigen Fahrt von Adiyaman nach Nemrut kommt man an einem weiteren touristischen Highlight vorbei. Die Cendere-Brücke wurde um das Jahr 200  n. Chr. erbaut.

Mit einer Bogen-Spannweite von 34 Metern gilt sie als eine der größten Römerbrücken überhaupt. Solide gebaut: Noch bis in unser Jahrtausend hinein durften bis zu fünf Tonnen schwere Fahrzeuge drüberfahren – aber unterdessen gibt es eine Umfahrungsbrücke. Nicht minder beeindruckend als das Römerbauwerk selbst ist die Landschaft drumherum. Die Brücke überspannt einen Wasserlauf, der sich seinen Weg durch einen engen Canyon gebahnt und mächtige Höhlen ausgeschwemmt hat. Zur Zeit der Schneeschmelze muss das Wasser hier mächtig tosen. (Wird fortgesetzt)

DrehPunktKultur war von der türkischen Tourismuswerbung Go Türkye eingeladen auf eine Tour zu UNESCO-Weltkulturerbestätten im Zweistromland.
Touristische Informationen über das türkische Mesopotamien – gomesopotamiaturkiye.com 
Speziell zur Region Adiyaman – goadiyamanturkiye.com
Bilder:dpk-krie
Zur zweiten Folge Aus dem Reich der ersten Erbsenzähler

 

 

 

 

 

 

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