Der "Rucksack" ist keine Fremdsprachen-Last

HINTERGRUND / HALLEIN / INTEGRATION

26/02/10 "Wir müssen dafür sorgen, dass neunhundert Migranten-Kinder pro Jahrgang besser Deutsch lernen und dabei nicht vergessen, auch den wachsenden Anteil von Kindern mit deutscher Muttersprache, die Sprachdefizite aufweisen, auf die Sprünge zu helfen." So Doraja Eberle, die für die Integration zuständige Landesrätin.

Nach den statistischen Erhebungen gibt es bei den 5.300 Fünfjährigen im Land rund 1.150 Kinder mit sprachlichem Förderbedarf: 250 davon (also knapp ein Viertel) haben Deutsch als Muttersprache, 900 (drei Vierte) haben Migrationshintergrund.

Von etwa 225 Kindergärten im Land Salzburg befinden sich die dreißig Kindergärten mit dem höchsten Ausländeranteil (40 bis 80 Prozent) in sechs Gemeinden (Stadt Salzburg, Hallein, Bischofshofen, Schwarzach im Pongau, Bad Gastein und Mittersill). Nur in 35 Kindergärten, darunter auch welche in der Stadt Salzburg, gibt es überhaupt keine Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache. Dutzende Kindergärten haben Quoten von zehn bis 20 Prozent, das sind zwei bis fünf Kinder pro Gruppe. "Es gibt ‘Hot Spots‘, die klar eingegrenzt werden können und wo Reibungsflächen bestehen. Dort müssen wir ansetzen", betont Landesrätin Doraja Eberle.

Nach der Stadt Salzburg ist nun Hallein die erste Gemeinde im Land, in der das Projekt "Rucksack" durchgeführt wird. Es findet in zwei Einrichtungen statt: in der Tagesbetreuung Niedertorplatz und im Kindergarten Neualm. Eine bedarfsorientierte Ausweitung ist geplant.

Worum geht es beim "Rucksack-Projekt"? Wer beispielsweise gut Türkisch, Serbokroatisch kann, tut sich leichter beim Deutsch-Lernen als junge Leute, die in einem polyglotten Kauderwelsch aufwachsen. Aus der Forschung weiß man, dass eine gut entwickelte Erst- beziehungsweise Muttersprache die Basis für das Erlernen jeder weiteren Sprache darstellt, aber auch für die soziale und emotionale Kompetenz eines Kindes ein wichtiger Faktor ist.

Beim "Rucksack-Projekt" werden die Eltern miteinbezogen, indem sie in ihrer Rolle "als Experten für den Erwerb der Erstsprache" bestärkt und gefördert werden. Die Eltern treffen sich einmal wöchentlich in der Kinderbetreuungseinrichtung. Dabei bekommen sie Anregungen für Aktivitäten, die sie zu Hause mit den Kindern in der jeweiligen Erstsprache der Kinder durchführen sollen. Themen sind dabei zum Beispiel Körper, Kleidung etc. Angeleitet werden die Gruppen von einer Mutter oder einem Vater, unterstützt von Pädagogen. Dabei bietet sich die Möglichkeit zum Austausch über aktuelle Erziehungsfragen mit anderen Eltern und mit Pädagogen.

Im Kindergarten werden die aktuellen Themen des Rucksack-Projektes zeitgleich auf Deutsch angeboten. Dadurch soll ein Lerngewinn in beiden Sprachen erzielt werden.

Der "Rucksack" unterstützt die ganzheitliche Förderung der Kinder. Es entstehen nicht nur Kontakte zwischen Eltern und Pädagogen, sondern auch innerhalb der Familie. "Die Kinder freuen sich auf die tägliche Zeit mit den Eltern, die nur ihnen gehört", so eine praktische Erfahrung. Das Projekt wurde ursprünglich von der RAA (Regionale Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien) in Essen (Deutschland) entwickelt. (Landeskorrespondenz)