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Transparente Schönheit

OSTERFESTSPIELE / THIELEMANN, POLLINI, HARTEROS

15/04/14 Ein jugendlicher Altmeister am Klavier und die schönheitstrunkenen Abschiedslieder von Richard Strauss dominierten das Orchesterkonzert der Staatskapelle Dresden an Montag (14.4.). Christian Thielemann sorgte für wohl kalkulierte Farbenspiele. Zwei Meister der Gegenwart hatten mitgemischt.

Von Gottfried Franz Kasparek

Tatsächlich, die kurzen, dem Mozart-Gestus verpflichteten und geradezu romantisch virtuosen Kadenzen und Eingänge zum C-Dur-Klavierkonzert KV 467 stammen von Salvatore Sciarrino. Der italienische Avantgardist hat sich da nobel seiner Umgebung angepasst. Ebensolches tat Wolfgang Rihm und instrumentierte das allerletzte Lied von Strauss, „Malven“, ganz im Sinne des von ihm hoch verehrten Komponisten, klangsatt und dennoch transparent. Es muss ja nicht immer Übermalung oder Kontrast, es darf auch liebevolle Zuneigung zur großen Vergangenheit sein.

Doch nun schön der Reihe nach. Sobald der 72jährige Maurizio Pollini am Flügel sitzt, gehört das Auditorium ihm. Freilich, die Staatskapelle Dresden erwies sich auch bei Mozart als „Wunderharfe“, so nuancenreich und im besten Sinne klassisch-traditionell gelangen in relativ kleiner Besetzung Begleitung und Dialog. Und Thielemann würde man gerne einmal mit einer großen Mozart-Oper erleben, so einfühlsam und mitatmend musizierte er mit dem Solisten und dem Orchester. Auch im zum Schwelgen einladenden Andante blieb das Tempo recht straff, vorgegeben durch den mit glasklarer Eleganz und souveräner Kunst der Pointierung agierenden Pollini. Dies war wahrlich eine beglückende halbe Stunde, die mit frenetischem Jubel endete. Zugabe ließ sich keine erklatschen.

Nach der Pause folgte „Also sprach Zarathustra“. Niemals ist bessere Filmmusik komponiert worden, noch dazu ohne Film. In Thielemanns keineswegs nur rauschhaft-klangsüchtiger, sondern vor allem feinste Schattierungen dieses famosen Orchesterzaubers auslotender Lesart wirkt Strauss noch dazu phasenweise aufregend modern, im dumpfen Kontrabass-Tremolo oder in der parodistischen Fuge. Natürlich erhält gleich darauf die Walzerlaune ihr Recht und Konzertmeister Matthias Wollong Gelegenheit, als gestandener „Tanzgeiger“ zu brillieren. Gar nicht so mystisch, eher lapidar verklingt das Finale.

Das Ende des Konzerts bildeten die „Fünf letzten Lieder“. Ja, jetzt können es fünf sein, den Rihms „Malven“ Instrumentierung erklang nicht am Schluss, sondern an zweiter Stelle. Atmosphärisch passt das lyrische Blumenlied, welches Strauss einst seiner Primadonna Maria Jeritza zum Abschied geschenkt hatte und das seine allerletzte vollendete Komposition darstellt, auch gut zwischen „Frühling“ und „September“. Dass der Text nicht von Hesse oder Eichendorff, sondern von der sehr achtenswerten Schweizer Frauenrechtlerin und Lyrikerin Betty Wehrli-Knobel (1904-1998) stammt, gibt dem Zyklus sogar noch besondere Farbe. Schließlich hat ihn eine Frau zu singen und Strauss liebte die weiblichen Stimmen über alles. Auch die von Anja Harteros hätte er geliebt, mit solch von innen leuchtendem Timbre, mit solch geheimnisvoll grundierter Mittellage, mit solch faszinierend leichter, kaum jemals forcierter Tongebung gestaltete die Deutsch-Griechin die Lieder. Christian Thielemann trug sie dabei mit dem an Klangschönheit unübertrefflichen Orchester gleichsam auf Händen. Großer Jubel im vollen Haus.

Dieses Konzert wird am Samstag (19.4.) um 19 Uhr wiederholt. Hörfunkübertragung am 20.4. um 11.03 in Ö1 – www.osterfestspiele-salzburg.at
Bild: Osterfestspiele / Matthias Creutziger

 

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