Wundersame Nachtmusiken

OSTERFESTSPIELE / NACHT DER DRESDENER KAMMERMUSIK

29/03/13 Unter einer „Nacht der Dresdner Kammermusik“ stellt man sich eigentlich eine längere Unternehmung vor als die eineinhalb pausenlosen Stunden, die im „republic“ am Gründonnerstag ab 21 Uhr freilich großes Vergnügen bereiteten.

Von Gottfried Franz Kasparek

487Zu Beginn sorgte die „Kammerharmonie der Sächsischen Staatskapelle Dresden“ für eine wohlig austarierte, aufs Feinste zusammengestimmte, ein wenig liebenswert-altfränkische  Wiedergabe der „Nacht-Musique“ KV 388 von Mozart. Die acht Herren auf Oboe, Klarinette, Fagott und Horn bilden eine Harmoniemusik in historischer Größe, aber mit modernem Instrumentarium und spielen so schön und differenziert, dass sich die Frage nach der Berechtigung zum Beispiel von Ventilhörnern in solcher Musik erübrigt. Große Musik lebt in der Vielfalt ihrer Interpretationen und in den Verwandlungen der Zeit.

Carl Maria von Webers Klarinettenquintett, ein Solitär frühromantischer Kammermusik, kann in oberflächlichen Lesarten auch bloß wie hurtiges Virtuosenfutter wirken. Diesmal, mit dem herrlich beseelt und phantastisch akzentuiert spielenden Klarinettisten Wolfram Große und dem ebenso gefühlvoll wie transparent agierenden Dresdner Streichquartett, war es ein Meisterstück klassischer Klarheit mit brillanten Klangerzählungen und sorgsam ausgefeilten, lyrischen, wundersam innigen Episoden. Der für einen erkrankten Kollegen eingesprungene Primgeiger – der fabelhafte Staatskapelle-Konzertmeister Matthias Wollong  - musizierte mit Barbara Meining (2. Violine), Andreas Schreiber (Viola) und Martin Jungnickel (Cello) so intensiv, dass das alte Lob der Dresdner „Wunderharfe“ auch für die Kammermusikgruppen des Orchesters berechtigt ist.

Doch nicht nur die Streicher verdienen dies, auch das Blech. Wundertrompeten, Wunderhörner, Wunderposaunen und eine Wundertuba bilden mit markanten Schlagzeuggästen „SemperBrass Dresden“, eine Weltklassetruppe, die als Finale ein gegenüber dem gedruckten Programm abgeändertes, sehr unterhaltsames Potpourri vorstellte. Der Leiter, Solotrompeter Mathias Schmutzler, moderierte in sächsischer Art herzlich und launig. Auf eine barocke Intrada folgten als Hommage auf den verstorbenen „Capellhaus-Compositeur“ Hans Werner Henze dessen schräge Barock-Anverwandlungen aus der „Sonata per otto ottoni“ nach Vitali. Der Posaunist Frank von Nooy ist auch ein glänzender Arrangeur. Seine jüngste Kreation ist eine  „Salzburger Osterfestspielfanfare“ voll witziger Wagner-, Brahms- und Richard Strauss-Zitate. Doch auch als gepflegte Swing-Jazzband erzeugen die elf Bläser einen leuchtenden Sound. Und als Zugabe gab es mit perkussiver Unterstützung einen kreativen Kurz-Bolero, in dem in Ravels Rhythmik plötzlich „Kein schöner Land“ erklingt.

Das auch von vielen Salzburgerinnen und Salzburgern frequentierte Konzert im - bei dieser Bestuhlung und mit diesen Vorhängen akustisch ganz erstaunlich brauchbaren - „republic“ machte wiederum klar, dass die Gäste aus Sachsen in der Mozartstadt bestens gelandet und mit großer Freude aufgenommen worden sind.

Bild: OFS / Matthias Creutziger