Freskenmalerei und Räubergelage

OSTERFESTSPIELE / ORCHESTERKONZERT II

27/03/24 Jungstar Jakob Hrůša am Dirigentenpult und Altstar Pinchas Zukerman als Solist, das könnte eine spannende Begegnung sein. Zum Beispiel beim Violinkonzert von Dvořák. Bei Harold en Italie, der Symphonie mit Soloviola von Hector Berlioz, war dies leider nicht der Fall. Überhaupt – ein sonderbarer Konzertabend, der nicht so recht vom Fleck kommen wollte.

Von Gottfried Franz Kasparek

Das Orchester der Academia Nazionale di Santa Cecilia, mit dreimal La Gioconda und insgesamt vier Orchesterkonzerten in dieser Osterwoche sehr gefordert, konnte zwar seine Vorzüge im strahlenden Blech und im samtenen Streicherklang in der einleitenden Berlioz-Ouvertüre Le carneval romain beweisen, zwischendurch schien es aber doch etwas müde zu sein. Jakob Hrůša, Erster Gastdirigent des Orchesters, verlor sich ein wenig in der suchenden Romantik des langsamen ersten Teils und ließ es im rasanten zweiten zwar einigermaßen knallen, doch das Feuerwerk der grellen Töne zündete nicht wirklich – was sich im bloß freundlichen Applaus niederschlug.

Attraktivster Programmpunkt waren Bohuslav Martinůs Fresques de Piero della Francesca, im Salzburger Festpielsommer 1956 mit den Wiener Philharmonikern unter Rafael Kubelik uraufgeführt. Hier zeichnete der Dirigent alle schillernden Farben der klangprächtigen Partitur einfühlsam nach und das Orchester erblühte dabei. Martinůs besondere Kunst war die der zarten Transparenz eines riesigen expressionistischen Apparats – das klingt nie massiv, sondern immer wie durchwirkt von Sonnenfäden in der Kirche San Francesco in Arezzo, wo die Quelle der Inspiration zu bewundern ist.

Man kann Paganini verstehen, dass er bei aller Hochachtung für das Werk an sich den von ihm anno 1834 beauftragten Solopart in Harold en Italie dann doch nicht gespielt hat. Da ist einfach zu wenig virtuoses Futter drin. Auch Pinchas Zukerman ist ein großer alter Geiger, der sehr gut Bratsche spielen kann. Sein Blick haftet getreulich in den Noten und viel mehr als deren Abspielen kommt nicht zustande. Diese lyrische Phantasie wird ohne Fehl und Tadel exekutiert, droht mitunter an einer gewissen Überzuckerung sanft zu entschlafen und behindert einen spannenden Dialog mit dem Dirigenten. Lord Byrons und Berlioz' rebellische Geister wandern nur mehr als blasse Gespenster herum.

Der Marsch der Pilger verkümmert trotz zentral vor dem Dirigentenpult aufgestellter Harfenpartnerin, das Ständchen ist hübsch und sonst nichts und erst im finalen Räubergelage kommt die visionär-moderne Qualität des wilden und hybriden Stücks zum Vorschein. Aber da setzt sich der Bratscher ja bald auf einen Stuhl und fiedelt nur mehr im Tutti mit.

Der Applaus war ehrerbietig und wurde vom Solisten mit der bekannten Sicilienne von Maria Theresia Paradis, diesfalls mit Harfenbegleitung, belohnt. Das nette Stück verwendet zwar ein kleines Klaviermotiv der Mozart-Zeitgenossin Paradis, ist jedoch eigentlich von Zukermans russisch-amerikanischem Vorgänger Samuel Duschkin und gehobene Salonmusik, deren schwelgerischer Tonfall zu den Vorzügen des Interpreten gehört.

Zweiter Termin am Samstag, 30.3. – osterfestspiele.at
Hörfunkübertragung am 21.4. um 11.03 Uhr in Ö1
Bilder: Osterfestspiele Salzburg / Erika Mayer