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Das Schifferklavier und der Aufstand der Weber

SOLITÄR / OENM / DIE WEBER

20/06/16 Stummfilme mit Live-Musik, das war die übliche Vorführpraxis in den 1920er Jahren. Für „Die Weber“ von Friedrich Zelnik hat sich Johannes Kalitzke allerdings etwas besonderes überlegt und den Film mit neuer Musik vertont.

Von Larissa Schütz

Stummfilm im Solitär, hieß es am Sonntag (19.6.). Das oenm und das Collegium Novum Zürich vertonten unter der Leitung von Johannes Kalitzke den Stummfilm „Die Weber“ von 1927. Die Komposition selbst entstand 2012.

Friedrich Zelnik hat den Stoff von Gerhard Hauptmann in wenigen Wochen abgedreht, mit damaligen Schauspielgrößen wie Wilhelm Dieterle oder Paul Wegener. Filmmusik im herkömmlichen Sinne wurde dafür nicht komponiert, stattdessen bestand die Begleitung aus einer Zusammenstellung mehrerer Stücke. Nachdem über die Jahre mehrere Exportversionen für verschiedene Länder entstanden waren (hier wurde an unterschiedlichen Stellen gekürzt, oder gar die Szenenfolge verändert) und der Film in den 1970er Jahren sogar im Fernsehen lief, startete man 1982 einen ersten Restaurierungsversuch, der allerdings scheiterte. Erst 2012 war man mit Hilfe der digitalen Technik im Stande, das Filmmaterial zu bearbeiten.

Im Zuge dieser Restaurierung ergab sich für Johannes Kalitzke auch der Kompositionsauftrag für eine einheitliche Filmmusik. Diese ist mal untermalend, mal beschreibend, mal rhythmisch auf den Schnitt angepasst, mal auf die Bewegungen der Schauspieler. Dazwischen lassen sich verschiedenste Tanzrhythmen heraushören, wie ein Walzer, oder Tango. Bestimmte Instrumente werden zu musikalischen Abbildern der einzelnen Rollen oder Situationen. Besonders deutlich ist das beim Akkordeon in den Weberszenen. Das Programmheft gibt weitere Aufklärung darüber, das Instrument repräsentiere die „niederen Sphären“ der Unterhaltungsmusik und werde damit zum Instrument der Weber. Besonders spannend ist auch die Art, wie die Percussionisten mit unterschiedlichsten Klangkombinationen die Geräusche der Webstühle imitieren, sodass man manchmal direkt verleitet ist zu glauben, hier würden Soundeffekte von der Konserve gespielt.

Das Modell Stummfilm mit Neuer Musik ist eine interessante Möglichkeit, sich mit dieser Art von Musik auseinander zu setzten. Oftmals wird die Neue Musik als zu speziell und zu atonal für die gängigen Hörgewohnheiten eines breiten Publikums beschrieben. Kalitzkes Vertonung der „Weber“ ergibt durch die Vertonung von Handlung einen ganz neuen Verständniszugang und man beginnt Zusammenhänge zwischen Personen, Handlung, Musik und Instrumenten zu erkennen. Das Publikum ist davon letztlich vollkommen mitgerissen und applaudiert kräftig.

Bilder: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung / www.oenm.at
Zum Vorbericht Neue Musik. Alter Film.
 

 

 

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