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Orgelzauber für eine kleine Gemeinde

STIFTUNG MOZARTEUM / IVETA APKALNA

08/06/16 „Orgel plus“ ist der Titel einer Konzertreihe im Großen Saal des Mozarteums, welche die Qualitäten der „Propter Homines Orgel“ in den Mittelpunkt stellt. In dieser Saison gab es nur zwei Konzerte. Das zweite am 7. Juni mit der famosen lettischen Orgelmeisterin Iveta Apkalna hätte eher „Orgel solo“ heißen sollen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Vier Solostücke standen auf dem Programm. Immerhin benötigte die Organistin für das krönende Werk des Abends, Joseph Jongens „Sonata eroica“, einen Registranten, der sich in Person des souveränen Noten-Umblätterers gefunden hatte. Wer aber ist Jongen? Er war der wohl bedeutendste, weil vielseitigste Komponist Belgiens, ein Spätromantiker von eigenem Format, der mitunter heftig an die Pforten der Atonalität klopfte. Nicht wirklich tat er dies in der mächtigen Orgelsonate von 1930. Selber ein grandioser Organist, schilderte Jongen hier mit prachtvoll aufrauschenden Energieschüben zwischen exquisiter, oft melodisch einprägsamer Lyrik ein wahres Tasten-Heldenleben.

Es ist jammerschade, dass Komponisten wie Jongen hierzulande ein Schattendasein führen. Die Musikliteratur ist voll dem Konzertbetrieb verloren gegangener Schätze. Mangelnder Mut der Veranstalter, Bequemlichkeit des Publikums und die Gesetze des Musikmarkts führen zu einer bedenklichen Ausdünnung des Repertoires. Da es im Orgelbereich zu wenig Meisterwerke Mozarts oder Beethovens gibt, stellt dieser eine erfreuliche Insel im Meer der ständigen Wiederholung dar. Iveta Apkalnas nicht bloß handwerklich perfektes, sondern auch von Leidenschaft durchglühtes Spiel lud eindrücklich dazu ein, sich auch mit dem Symphoniker und Kammermusiker Jongen näher zu beschäftigen.

Vor der Pause hatte Iveta Apkalna Felix Mendelssohn Bartholdys wundersam romantische 4. Orgelsonate mit feinstem Gusto gespielt und deutlich auf Paul Hindemith verwiesen. Der war kein originärer Orgelkomponist, ja bezweifelte sogar heftig die Zeitlosigkeit der „Königin der Instrumente“. Und zollte ihr in den späten 1930er-Jahren doch solistischen Tribut. Die Erste Sonate von 1937 ist geradezu ein Gegenpol zu Jongens schwelgerischen Klängen. Rückgriffe auf das Altmeisterliche wechseln mit berührend innigen, schlichten Passagen, wenn etwa ein Fortissimo in leisen Passagen über einem Orgelpunkt endet. Die Organistin brachte gerade die unvermuteten Kontraste zur Geltung und erfreute besonders durch ihre Fähigkeit zum beseelten Pianospiel, zur sensiblen Feinarbeit. Klar, dass auch J. S. Bachs den zweiten Teil eröffnende d-Moll-Sonate BWV 527 in größter Schönheit erklang.

Im Großen Saal befanden sich rund 80 Menschen. Ist die Orgel in einer Stadt der Kirchen wirklich so unpopulär? Ist das Publikum nach der Zusammenballung aller erdenklichen Konzerte in der vergangenen Woche einfach ein wenig müde? An einem warmen Sommerabend noch dazu? Wie auch immer, die kleine Gemeinde feierte die mit natürlicher Eleganz auftretende und spielende Organistin, welche sich dafür mit einer mitreißenden, lustvollen „Fußetüde“ des 1955 geborenen Naji Hakim bedankte. Auch von diesem französischen Komponisten und Organisten libanesischer Herkunft gäbe es viel spannende Musik zu entdecken.

Bild: www.apkalna.com

 

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