Wenn Louis Langrée vor der Camerata Salzburg steht, beeindruckt es immer wieder, wie er die dynamischen Pole in weitem Bogen spannt, wie er die langsamen Passagen feinsinnig auslotet, um in eleganten Übergängen die Steigerung zu feurigen Tempo- und Klangeruptionen zur Entfaltung zu bringen. Die vibrierende Verve erzeugt Spannung und lässt die Zuhörer unmittelbar teilhaben an der klanglichen Bildhaftigkeit.
Die Ouvertüre zu Carl Maria von Webers „Freischütz“ ist, losgelöst von der Oper, auch ein prachtvolles Konzertstück, das viel zu selten im Konzertsaal anzutreffen ist. Romantische Tonmalerei par excellence: Wie aus geheimnisvoll entrückter Ruhe herannahend nahmen die Einleitungstakte Form an bis die forsch einsetzenden Hörner Jagd- und Waldatmosphäre verbreiteten. Unruhiges Pochen wurde von der herausragenden Klarinettenkantilene erlöst. Energisch aufgeladen folgten die Themenanklänge zu den Verzweiflungsmomenten des Jägerburschen Max und zu Agathes schlagenden Pulsen. Dazwischen gemahnten düstere Akkorde unheilbringend an Samiels dunkle Machenschaften. Aber nicht einmal vor der Wolfsschlucht machte ein unermüdlich aufdringlich klingelndes Mobiltelefon Halt, das den Dirigenten zum kurzen Innehalten zwang bevor die orchestrale Fülle zum Höhepunkt ansetzen konnte.
Weber war nicht nur der große Opernromantiker, sondern wusste auch dem Konzert für Klarinette und Orchester Nr.1 f- Moll op.73 farbenreiche Klangkombinationen mit auf den Weg zu geben. Und der Klarinettist schöpfte das in wunderbarer Vielgestaltigkeit aus. Er punktete mit Eleganz im Ton, Sensibilität in der Phrasierung und Brillanz in der Virtuosität. Er zeigte große Einfühlsamkeit in Webers feingesponnenes Melos, in die gefühlige Ausdruckstiefe im Adagio und in die tänzerisch unbekümmerte Munterkeit des Finalsatzes.
Und dann heizte sein heißer Atem den Zuhörern noch tüchtig ein: mit dem 1. Ungarischen Tanz von Brahms und einer ebenso temperamentvollen wie bravourösen Klezmermelodie, beide Stücke arrangiert von seinem Bratsche spielenden jüngeren Bruder Göran Fröst. Der Beifall nahm Jubelausmaße an.
Nach der Pause bezauberten Langrée und die Camerata-Musiker mit der selten zu hörenden Ouvertüre zu Haydns Azione teatrale „L'isola disabitata“. Ein charmantes Stück in reizvollen Klangfarben, die die „unbewohnte Insel“ mal theatralisch sturmzerzaust, mal als liebliche Landschaft schildern.
Mozarts Linzer Sinfonie, auf die immer wieder als schnell komponiertes Gelegenheitswerk verwiesen wird, ist, wie jeder weiß, in ihrer Wirkung alles andere als das. Die Musiker unter Langrées Leitung musizierten mit Engagement und Einfühlsamkeit, brachten den melodischen Reichtum voll zum Tragen, entfalteten Klangzauber, eine spannende dynamische Palette und zündende Rhythmik. Mit bedeutsamem Bedacht marschierte die langsame Einleitung daher, wobei die Pauke die Gewichtigkeit betonte, der sich die Oboen und Fagotte schnell übergreifend zugesellten. Es gab überraschende Wendungen, zart wiegende Bewegung, Passagen mit Esprit, aber auch tänzerisch anmutender Leichtigkeit und einen zügig und brillant auftrumpfenden Ausklang.