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Was Debussy für die Könige schrieb

GROSSE AULA / KING’S SINGERS

07/03/10 Eulen nach Athen tragen heißt: In Salzburg eine Rezension zu den „King’s Singers“ verfassen. Das Ensemble wird hier kultartig verehrt und badet in der hingebungsvollen Sympathie seines Publikums. Die Verführung zur Masse wird zum kathartischen Ereignis.

Von Erhard Petzel

altUnd diese zerfließt schier in den makellosen Klängen, die den Raum erfüllen, zu einem einheitlichen Bodensatz an erbauter Erschütterung.

Ein erster Teil unter dem Titel „A Flower At Sun-Rising“ vereinte am Freitag (5.3.) im Zyklus der Bachgesellschaft Großmeister der Tudor-Zeit, Gesualdo und Orlando di Lasso mit dem 1936 geborenen Richard Rodney Bennett. Seine Vertonungen von Texten John Donnes (dieser war in der Shakespeare-Zeit Dekan von St. Pauls) durchziehen wie ein roter Faden das Programm und bilden die harmonischen Reibepunkte zu den Renaissance-Meistern.

Stilistisch harmonieren die Sätze, die den King’s Singers zu ihrem 25-Jahr-Jubiläum dediziert wurden, sehr glücklich mit ihrer Umgebung. Wie bei Hugo Distler liegt auch bei Bennent über der expressiven Harmonik eine Textur, die im Spiel von polyphoner und homophoner Kontrapunktik die Achtung des Alten offen legt. Besonders anrührend das Schlusslied, der Titelgeber des Programmteils: Nach Tenor- und Bass-Soli über gesummter Harmonie erblühen Ensembles im kontrapunktischen Konzert, um schließlich im Einklang fein zu entschweben.

Bei Thomas Weelkes, Tomas Luis de Victoria, John Shepherd, Thomas Tallis, King John IV of Portugal, Carlo Gesualdo und Orlando di Lasso zeigt das Ensemble die Bandbreite seiner fulminanten Technik. Mit feiner Noblesse werden Stimmungen zu Klängen von sphärischer Innigkeit bis hin zur brausenden Expressivität. Das Alleluja in Lassos „Christus resurgens“ gewinnt durch offene Artikulation die Wucht eines Schlussmarsches, während Tallis’ „If Ye Love Me“ zu dünnwandigem Glas introvertiert.

Claude Debussys „Trois chansons de Charles d’Orleans“: drei Gedichte zur dekadenten Lebenslust, im Zentrum eine Cantilene für den unvergleichlichen David Hurley über Ensemble-Lalala. Selbst Debussy hat für die King’s Singers geschrieben, er hat’s nur nicht wissen können.

Unter „Simple Gifts“ darauf das Spontanprogramm mit Arrangements aus Folklore, Pop und Jazz. Über das moralische Druckmittel Standing Ovations presst das Publikum Zugabe um Zugabe ab. Ein Fest für alle.

Die Salzburger Bachgesellschaft hatte zuvor die Einsingeprobe des Ensembles für Schüler geöffnet. Eine hervorragende Idee, die Schule machen sollte und Ausweitung verdiente. Die Aula war immerhin schütter erfüllt mit Lehrern und ihren Schützlingen. Probleme mit Aufmerksamkeit sowieso nicht, obwohl die Kings auf der Probe Phrasen nur ansingen, sich unter sich besprechen und viel aufschreiben. Die magischen Klänge wirken auch außerhalb des Verbandes einer fertigen Performance und alarmieren zu wacher Entspanntheit. Sie öffnen den Raum der Wahrnehmung. Stille als Hintergrund-Strahlung. Der Strom in den Lautsprechern wird beim Konzert zum Glück abgeschaltet sein. Dort hört man einmal ganz oben die Lüftung. Bei einer Draufgabe dröhnt das Blut im Kopf. Es ist der Kosmos der Kings.

Die nächsten Konzerte der Salzburger Bachgesellschaft: www.salzburger-bachgesellschaft.at
Bild: Bachgesellschaft


 

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