Buama, seids lustig!

VOLKSMUSIK / ZAUCHENSEER LIEDERBÜCHL

23/08/13 „Gestern ham s‘ wiederum graft, / es is jå nit zan sågn; / in Schneida håbms a Aug ausghaut / und in Schuasta håbms daschlågn.“ Das Lied, aus dessen zweiter Strophe dieser Vers stammt, heißt solchen kleinen Widrigkeiten zum Trotz „Buama, seids lustig“.

Von Reinhard Kriechbaum

217Humor ist offenbar Auslegungssache, aber wir Salzburger können uns trösten: Das hübsche Liedlein mit der Schilderung einer zwar tödlichen, aber g’spaßigen Wirtshausrauferei fand sich schon 1893 in einer Sammlung „222 echte Kärntnerlieder“. Ob es im Enns-Pongau friedlicher zugeht, ist aus dem Stadt-Salzburg-Blickwinkel schwer auszumachen. Jedenfalls wurde das Lied auch dort gesungen: vom „Zauchenseer Viergesang“. Diesem Männerquartett gilt die neueste Veröffentlichung des Salzburger Volksliedwerks.

Gut, dass solche Lieder dokumentiert werden. In Schul-Liederbüchern wird man sie kaum entdecken, und wenn, dann mit entschärftem Text. Sechzig davon haben Eingang gefunden ins „Zauchenseer Liederbüchl“. Und noch besser: Es ist eine CD dabei, auf der man dreißig Lieder nachhören kann. Denn die Noten allein vermitteln nur einen blassen Schimmer davon, wie sich das tatsächlich anhört: nicht nur die Feinheiten des Rhythmus, der musikalische  Vortrag, auch die Dialektfärbung. In diese schlägt – das mag jetzt mehr als laienhaft gesagt sein – schon das Obersteirische hinein. Jedenfalls hat der zwischen 1978 und 2008, also immerhin drei Jahrzehnte aktive „Zauchenseer Viergesang“ (den man besser im Tal, in Altenmarkt und Flachau verortet) ziemlich anders geklungen, als man es im Salzburger Innergebirg erwartet. Und erst recht klingt das ganz anders als jenes Idiom, das über die Ensembles aus den Freundesrunden von Tobi und Tobias Reiser populär geworden sind. Wer mit einer vom Salzburger Adventsingen geprägten Hörerwartung rangeht, wird sich wundern.

Aufschlussreich an diesem „Zauchenseer Liederbüchl“: Es ist kaum wirklich lokal oder auch nur regional dingfest zu machendes Liedgut drin. Der Viergesang hat genommen, was ihm passend schien, was Spaß machte und die Zuhörer angesprochen hat. Manches Lied ist über den Tauern aus Kärnten gekommen, manches aus Tirol und der Steiermark, manches findet sich auch in Oberbayern. Quellen und andere Veröffentlichungen sind sehr gründlich angegeben. Die eine oder andere Worterklärung wird auch für Leute hilfreich sein, die sich grundsätzlich in den heimischen Dialekten zurechtfinden. Andere haben sowieso wenig Chancen, der Poesie zu folgen.

Es wird nicht mehr so viele Gesangsgruppen oder Chöre geben, die sich an solche Stücke wagen. CD und Notenbuch haben vor allem dokumentarischen Wert. Deshalb sind die Sätze auch so notiert, wie sie der Zauchenseer Viergesang ausgeführt hat, mit Martin Winkler als extrem hohem, aber wunderbar locker-leichter Erster Tenorstimme.

Die Passage mit der Wirtshausbelustigung, die in schwerer Körperverletzung und Totschlag endet, ist natürlich nicht repräsentativ. Viel öfter geht es um die rurale Paarbildung und die Fortpflanzungsgepflogenheiten des älpischen Jungvolks. Ob jede „Bix“ wirklich ein Schießgerät meint, bleibe dahingestellt. „Die Kuahlan san scho gmolchn, / die Milli is scho gsiebm, / es is scho spåt mei Bua, hiaz gehen ma liegn.“ Vielleicht sollte man viel öfter auf die Alm gehen und bei einer „Schwoagrin“ (Sennerin) einkehren...

In Gedenken an den kürzlich verstorbenen Sänger Hugo Blaschke werden Liederbuch und CD morgen Samstag (24.8.) um 13 Uhr im Rahmen eines Treffens von Volkslied-Ensembles auf der Hochalm am Obertauern vorgestellt. Zu diesem ersten SängerInnenTreffen (SIT) des Salzburger Volksliedwerks - ab 11 Uhr - wurden Singgruppen aus ganz Österreich, Südtirol und Bayern eingeladen. Auffahrt (Sondertarif) erfolgt mit der Grünwaldkopfbahn.
Das „Zauchenseer Liederbüchl“ (mit CD) kostet 24 Euro und ist beim Salzburger Volksliedwerk erhältlich – www.salzburgervolksliedwerk.at
Bild: Zauchenseer Liederbüchl