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Vermischter Geschmack

HERBSTTÖNE / DOROTHEE OBERLINGER

13/11/11 Am besten stellen wir uns die Barock-Szene vor wie den heutigen Musikbetrieb, nur mit Postkutschen-Langsamkeit: Nicht alle waren so ortsfest wie Bach – andere suchten und fanden ihr Glück in der Fremde, und das hatte reizvolle Stil-Vermischungen zur Folge.

Von Reinhard Kriechbaum

Nett ist es zum Beispiel, wenn sich die (italienische) Geige und die (in Frankreich viel populärere) Viola da Gamba begegnen – letztere nicht als Generalbassinstrument, sondern als echter Dialogpartner. Für das Freitagabendkonzert (11.11.) des Festivals „Herbsttöne“ der Universität Mozarteum hatte Dorothee Oberlinger, die Leiterin des Instituts für Alte Musik, unter anderem ihre Kollegen Hiro Kurosaki (Barockvioline) und Vittorio Ghielmi (Viola da Gamba) eingeladen. Die beiden haben in einer Chaconne von Jacques Morel den Klang ihrer Instrumente zwischen leicht-duftig und virtuos-zupackend ausgelotet.

Auch Jean-Marie Leclair hat für diese beiden Instrumente eine stilistisch „grenzgängerische“ Sonate geschrieben. Leclair, Komponist, Geiger und Tanzmeister war selbst ein Grenzgänger. Er ging von Frankreich nach Italien (um in Turin dem Tanz zu frönen!). Der Geiger Francesco Maria Veracini brach hingegen von Florenz nach London auf, wo er Opern-Impresario war. Einen Fenstersturz in Dresden und einen überlebten Schiffbruch vermeldet seine haarsträubende Biographie. Dorothee Oberlinger hat anhand einer Blockflötensonate gezeigt, dass Veracini ein temperamentvoller Schwadronnierer gewesen sein muss – jedenfalls hält dieses hoch virtuose Stück rhetorische Möglichkeiten sonder Zahl bereit.

Gesprächigkeit – das war prägender Eindruck dieses Konzerts mit erquickenden Stil-Grenzgängereien (von „vermischtem Geschmack“ sprach man im Rokoko). Der Fagottist Marco Postinghel, der Theorbenspieler Hans Brüderl und Florian Birsak an Cembalo und Orgelpositiv hatten daran nicht minder Anteil. In Summe eine Gruppe, die an dem Abend eindrucksvoll vorgeführt hat, was für stilkundige und zugleich musikantische Kapazunder ihr Wissen am Institut für Alte Musik des Mozarteums weitergeben. Telemanns Kammermusikwerke sind allemal für Feuerwerke gut. Die Blockflötistin Dorothee Oberlinger, Echo-Klassik-Preisträgerin 2008, war natürlich der leuchtendste Knallkörper in der lustvoll sich engagierenden Gruppe.

Begonnen hatten die „Herbsttöne“ im Solitär am frühen Abend mit einem Boccherini-Programm, unter anderem mit dessen „Stabat Mater“ für Sopran und Streicher (Sopran: Kerstin Möseneder).

Heute, Sonntag (13.11.), auf dem Programm der „Herbsttöne“ im Solitär: Um 11 Uhr stellt Thomas Riebl Originalmusik für seine neu „designte“, fünfsaitige Barockbratsche vor. Um 18 Uhr spielt ein gemischtes Bläser- und Streicherensemble ein animierendes Programm „Funky Nightmare“ mit Musik vom Barock bis in die Gegenwart. Um 20.30 Uhr schließlich führt Lukas Hagen eine hochkarätig besetzte Kammermusiktruppe durch Schuberts Oktett D 803. Gottfried F. Kasparek führt in die Werke ein – www.moz.ac.at
Bild: Universität Mozarteum
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