Und wo ist jetzt die Clave?

JAZZHERBST / CHUCHO VALDES

04/11/11 Das fragte sich gewiss der eine oder andere ratlos auf sein Füße blickende Salsero, dem Chucho Valdes´ Tanzkracher aus Irakere-Zeiten den kubanischen Hüftschwung näher gebracht hatten.

Von Per Peterson

Dass Latin-Jazz auch ohne lang-lang-lang-kurz-kurz auskommen kann und dass die Revolution ihre Kinder noch lange nicht gefressen hat, bewies der kubanische Pianist zusammen mit seiner siebenköpfigen Band „Afro-Cuban Messengers" am Donnerstag (3.11.) in der Großen Aula.

Eines vorweg: Der Sound der ersten drei Stücke bewies Fusion-Qualitäten. Die Congas verschmolzen mit der Bassdrum, der Bass und die Tasten des Pianos unterhalb des kleinen c gingen eine unharmonische Liaison jenseits aller Differenzierungsmöglichkeiten ein - da half auch noch so beherztes Musizieren nichts.

Was schade ist: Vier Jahre lang hat sich Valdes mit seiner Band zusammen gesetzt, um an einem neuen Sound zu feilen, um dem Latin-Jazz eine neue Richtung zu geben.

Und siehe da, nach Juan Castro´s Schlagzeugsolo kam all dies zum Vorschein, wofür sich der sechsfache Grammy- Gewinner und Komponist des aktuellen „Latin-Jazz Album of the Year“ bemüht hatte: ein neues Bild kubanischer Musik zu zeichnen, ein Bild, dass mehr den Zuhörer als den Fuß-Poeten ansprechen sollte. Bei der Zeichnung allein ist es nicht geblieben. Valdes pinselte mit der Gelassenheit einer gut gerollten und entspannt gerauchten Havanna ein Feuerwerk an rhythmischen Komplexitäten und hochspannendenden Arrangements – wie beispielsweise bei der aberwitzig schnellen Interpretation von Zawinuls „Birdland“  im Mambo-Rhythmus.

Valdes´ Ziel sei es gewesen, viele Stile in seine Musik einfließen zu lassen und zu Neuem zu kombinieren, so das Programmbuch. Der Schwerpunkt der ersten Konzerthälfte lag deshalb auch durch monoton-religiös anmutende Gesänge des ausgebildeteten Ballett-Tänzers  Dreiser Durruthy Bombale (samt Tanzeinlage) mehr auf Afro denn Cuban. In „New Orleans – a Tribute to the Marsalis Family“ zog sich der typische Dixie-Klang durch das Stück: Louisiana und Kuba sind also doch Nachbarn, selbst wenn Valdes im Jahr 2003 Jahren durch scheinbar vorbehaltlose Unterstützung Fidel Castros gerade dem zu widersprechen scheinen wollte.

Offenbar war es weniger Valdes´ Absicht, das neue Album „Chucho´s Steps“ zu promoten, als vielmehr ein breitgefächertes Sammelsurium seines Schaffens zu bieten - wofür auch die Sängerin Marya Valdes stark verantwortlich zeigte. Ella-typische Scateinlagen und eine Besame Mucho-Version, die jeden Seguridado del Estado zum Weinen gebracht hätte, waren nur der Beginn eines Lichtwechsels in typisches blau-weiß-rot, in dem dann doch noch die Clave den Ton angab.

Als Zugabe in donnernder Trio-Besetzung und nach einem kurzen Handshake mit Roberto Blanco aus der ersten Reihe: Miles Davis´ „All Blues“ und als Abschluss und eine singende sund lang-lang-lang-kurz-kurz klatschende Zuhörerschaft.

Bild: www.salzburgerjazzherbst.at