Klangrede und Cellozauberei

SALZBURGER KAMMERMUSIK FESTIVAL 1

21/06/11 Man war ja wild entschlossen, keine Vergleiche mit der „Camerata Salzburg“ (oder gar der „Camerata Academica“) zu ziehen, alte Zeiten zu beschwören oder gar eine „neue“ Camerata zu hören. Trotzdem hat das „Kammerorchester des Sándor Végh Institutes“ in Klang und Phrasierung was „Revolutionäres“, was an einen Neu-Anfang „wie damals“ denken lässt.

Von Heidemarie Klabacher

altDas Sándor Végh Institut des Mozarteums hat von 18. bis 19. Juni zum ersten Salzburger Kammermusik Festival in den Solitär geladen, junge ebenso wie namhafte Kammermusiker präsentiert und vor allem sein Kammerorchester vorgestellt: Mit einem sehr transparenten, präzisen und doch lebendigen Streicherklang begeisterten die jungen Musikerinnen und Musiker im „Kammerorchester des Sándor Végh Institutes“ vom ersten Ton an.

Dirigent Wolfgang Redik, ein ausgewiesener Kammermusik-Experte, setzte auf mitreißend lebendige Phrasierung und einen transparenten Sound, der bei aller Schönheit immer wieder auch den Mut zur Schärfe zeigte. Das machte besonders die Wiedergabe des Beethoven-Streichquartetts cis-Moll op. 131 in der Fassung für Streichorchester aufregend. Es wurde quasi ein neues Werk, nicht nur ein dick besetztes Streichquartett. Wie klar phrasiert die ja recht komplexen Strukturen nicht nur erhalten geblieben, sondern - durch das zur Verfügung stehend Material der großen Besetzung - quasi noch plastischer herausgearbeitet worden sind!

altDie spannungsvollen Kontraste, die Radikalität des Werks - Rückzug ins Innere, wildes Aufbegehren, gequältes Immer-Wieder-Anrennen gegen ein unausweichliches Schicksal - bekamen aufregende Farben. Nicht einmal wäre man auch nur auf die Idee gekommen, die (eigentlich sich aufdrängende) Frage zu stellen, wozu denn ein Streichquartett in Orchesterfassung gut sein soll. Es war spannend. Es war ein Erlebnis. Man konnte sich nur staunend darüber freuen, dass ein so junges Ensemble seinem Leiter so souverän in solch hohe Sphären folgen kann.

Die „kleine“ A-Dur-Sinfonie KV 201 - zum Auftakt nicht weniger brillant und transparent, aber teils doch noch ein wenig „verhaltener“ gespielt - zeugte vom Streben nach einem ganz „heutigen“ Mozart-Klangideal: nicht verklärender Schönklang, sondern in der Phrasierung geerdete Energie.

Klangrede klassisch - mit treffenden Vokabeln der Originalklangbewegung zur Übersetzung der Noten Mozarts in pures Musikantentum: Das gilt vor allem für die geradezu überwältigende Wiedergabe des Cellokonzertes Nr. 1 C-Dur Hob. VIIIb:1 mit Enrico Bronzi, Cello-Professor am Mozarteum seit 2007, der kurzfristig für Clemens Hagen als Solist eingesprungen ist. Eine lebendigere, mitreißendere, musikantischere - klanglich, technisch und intonatorisch perfektere Interpretation ist nicht vorstellbar. Jubel wie selten!

Bilder: Christian Schneider