Zwei „letzte“ Sinfonien

KULTURVEREINIGUNG / WIENER SYMPHONIKER

20/01/11 Mozart und Brahms: eigentlich ein „Allerweltsprogramm“. Aber das ist es ob der bewussten Gestaltung durch Fabio Luisi und die Wiener Symphoniker bei deren alljährlichen Tourneegastspiel im Großen Festspielhaus am Mittwoch und Donnerstag (19./20.1.) dann doch nicht geworden.

Von Horst Reischenböck

Vor der Pause also zu Recht allein KV 551, posthum „Jupiter“ betitelt. In der bevorstehenden Mozartwoche kommt sie nicht vor. Würde man wirklich alle vorgeschriebenen Wiederholungszeichen befolgen (was nicht ganz der Fall war), wäre sie bis Beethovens „Eroica“ die mit Abstand größte aller klassischen Sinfonien. Hier wurde sie nicht unbedingt nur jubelnd in vordergründiges C-Dur-Strahlen getaucht. Vom ersten Einsatz an setzte Fabio Luisi auf klares Ausformen der gleich zu Beginn Mozart-typischen Genderkonfrontation auf kleinstem Raum, die sich erst gegen Ende der Themenexposition spöttisch buffonesk auflockert.

Durchaus dramatisch auch das nachfolgende Andante. Nicht bloß einfach „gesungen“, sondern die weiblich-zarte Eröffnungsphrase geradezu harsch maskulin wegwischend und auch in der Durchführung dieses zweiten Sonatenhauptsatzes der Konfrontation nicht ausweichend. Das Menuett bewusst kontrastierend im Tempo angezogen, in dessen Trio im Gegensatz zu den kaum vernehmbar nachschlagenden Trompeten die Holzbläser erstmals ihr in sich perfekt austariertes Timbre demonstrieren durften. Dann in die Zielgerade des Gipfels stürmend. Dieser Finalsatz zitiert Johann Michael Haydns Sinfonie in derselben Tonart P. 30. Erst kürzlich hat die Stiftung Mozarteum eine Abschrift Wolfgangs von einem anderen Werk des Salzburger Freundes erworben.

Opulent und zugleich aber vom Klangbild her differenziert durchsichtig verträumte Luisi sich und seine phänomenalen Mitstreiter gezielt „non troppo“ in das formal klassisch gebändigt romantisch melancholische e-Moll-Sehnen von Brahms' "Vierter" des Opus 98, um sich dann wie auch nach dem Hornruf jeweils regelrecht in die Konfliktmomente des nachfolgenden Satzes hinein zu ermannen.

Solche Spannungen haben sich nach dem bewussten Gegensatz des keineswegs altersweise, vielmehr fast grimmig und unruhig überschwänglich an humorvolle Grenzen getriebenen Intermezzos in den abschließenden Variationen erneut niedergeschlagen. So Welt vergessen in sich ruhend, fast schmerzlich schön wurde beispielsweise das Flötensolo noch selten ausgesungen!

Eine nachdenkliche, zwingende, überzeugende Interpretation, die rechtens erst zögerlich in befreiend zustimmenden Jubel führte. „Wienerisch“ bedanke sich die großartige Streichergruppe mit der Pizzikato-Polka der beiden älteren Strauß-Söhne Johann und Josef.

Heute, Donnerstag (20.1.) ist dasselbe Programm nochmal zu hören. Es gibt noch Karten - www.kulturvereinigung.com
Bild: Wiener Symphoniker / Barbara Luisi