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Von Furor durchglüht

WIENER SAAL / MINETTI QUARTETT

10/11/10 Auch nachdem das Alban Berg Quartett sich aufgelöst hat und die selbst die Hagens schön langsam „in die Jahre kommen“, braucht man sich um den Streichquartettnachwuchs keine Sorgen zu machen: Das „Minetti-Quartett“, das bei den beiden berühmten  Ensembles in die Lehre gegangen, hat sich einen internationalen Platz an der Sonne erspielt.Z u Recht, wie ihr Auftritt im Wiener Saal des Mozarteums am Dienstag (9. 1.) nachdrücklich bewies!

Von Horst Reischenböck

Die beiden Damen der Damen sind aus dem - Gmunden in Oberösterreich benachbarten - Ohlsdorf gebürtig. Dort war lange Zeit Thomas Bernhard ansässig - und einer von dessen Lieblingsschauspielern war wiederum Bernhard Minetti: Daher der Name des Ensembles.

Zwei Damen, zwei Herren und ein spannender Dialog von Anfang an, bei Ludwig van Beethovens frühem Opus 18 Nr. 4. Es ist ja von Haus aus noch nicht so kühn formuliert, wie etwa die späteren c-Moll-Werke, aber doch auch von Furor durchglüht. Diese Funken ließ im Kopfsatz speziell der Cellist Leonhard Roczek sprühen - vielleicht im gendermäßigem Kontrast zu den Geigen von Maria Ehmer und Anna Knopp.

Ein meisterliches Gegenstück dazu: Wolfgang Amadé Mozarts Streichquartett C-Dur- KV 465: Die Minettis haben die einleitenden „Dissonanzen“ behutsam sich steigernd gestaltet - um dann dem ebenso heiteren wie leidenschaftlichen Aspekten voll inhaltlich zu entsprechen.

Leider wurde im Zuge vorwärts drängender Dramatik auch hier die Wiederholung der Exposition geopfert. Sei’s drum: Der Dialog, das einander Zuwerfen der Motive zwischen erster Geige und Cello, etwa im so überaus poetischen - und dem entsprechend „gesungenen“ - Andante danach wird noch lange im Gedächtnis bleiben.

Genauso begeisternd war die Zugabe: Felix Mendelssohns serenadenhafte  Canzonetta  aus seinem Streichquartett Es-Dur op. 12: Pizzikato und Stakkato werden wundersam kombiniert.

Besonders hervorhebenswert: der Erstling von György Ligeti - noch vor der Emigration des Komponisten - während des Ungarn-Aufstands 1956 entstanden - und durchaus nicht kommunistisch-konform.

Strawinsky-Anklänge waren mit offiziellem Bann belegt. „Unkorrekte“ Harmonik verhinderte ja schon zuvor die Uraufführung seines „Concert românesc“. Auch in diesem Werk, seinen „Métamorphoses nocturnes“, bediente Ligeti sich formal wie instrumental Ausdrucksmittel, die den damaligen Machthabern nicht geschmeckt haben dürften.

Abrupte agogische und dynamische Kontraste zergliedern den Einsätzer, der immer wieder dämonisch fratzenhafte Gespenster aus wenig die Seele beruhigendem Nebel auftauchen heißt. Kurz: eher skurril das Werk, mit unüberhörbaren Anklängen an die Folklore-Rhythmen des Vorbilds Béla Bartók, bei dem Ligeti gerne studiert hätte. Und anspruchsvoll auch für die engagierten Ausführenden. Sie haben eine grandiose wirkungsvolle - und entsprechend akklamierte - Interpretation gestaltetet, an der nicht zuletzt Markus Huber an der Viola gebührenden Anteil hatte.

 

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