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Ein Führer durch unterschiedlichste Landschaften

CAMERATA / THOMAS QUASTHOFF

02/11/10Mozart, Mozart, Mozart - und im Mittelpunkt des zweiten Abonnementkonzerts der Camerata am Freitag und Sonntag (29./31.10.) im Großen Saal des Mozarteums natürlich der Bariton Thomas Quasthoff. Vor einigen Tagen war man mit dem Programm in Paris zu Gast.

Von Erhard Petzel

Der Konzerttitel „Von Paris nach Wien“ bezieht sich auf die orchestrale Umrahmung des Abends. Er beginnt mit Ballettmusik zur Pantomime „Les petits riens“. KV 299b bezeichnet da allerdings ein Oeuvre, das nur zum Teil eindeutig Mozart zugeschrieben werden kann. Er schreibt während seines Parisaufenthalts unentgeltlich für Jean Georges Noverre ein paar Ballettsätze, die der für eine Balletteinlage zu einer Opera buffa Piccinis braucht. Die einigermaßen ausgedehnte Ouvertüre ist Mozart, die folgenden fünfzehn Miniaturen sind Genrestückchen unterschiedlichen Charakters, oft mit überraschenden Überleitungen und Schlüssen, die den Bewegungsanforderungen der Szenen um einen gefangenen Amor oder bukolischem Treiben geschuldet sind.

Von wem sie wirklich stammen, ist letztendlich egal. Der Reiz der Musik liegt in ihrer Unterschiedlichkeit und Divergenz - und an dem Abend in der packenden Spielkultur des Ensembles, das im Tutti abfährt und in kammermusikalischen Flötenduetten und Oboen-Arien schmeichelt. Joseph Haydns Symphonie B-Dur Hob. I:85 „La Reine“ schließt den Bogen. Sie ist eine von sechs Pariser Sinfonien, ein Auftrag von „Concerts de la Loge Olympique“, französischer adliger Freimaurer. Eine Einleitung im Stil einer französischen Ouvertüre führt zu einem erstaunlichen Vivace, in dem ein fast penetrant wiederkehrendes elegisches Thema von rumpelnden Leiter-Attacken torpediert wird.

Strategisch wurde der Höhepunkt aber ins Zentrum des Abends gelegt mit dem prominenten Gast. Thomas Quasthoff gab vier Arien Mozarts zum Besten, als Draufgabe für frenetisches Getrampel im Publikum Sarastros humanpathetische "Heilige Hallen", deren letzte Wendung zum Schlusston abwärts in die große Oktave geführt wurde. Rezitativ „Cosi dunque tradisci“ und die dazugehörige Arie „Aspri rimorsi atroci“ KV 432 nach einem Text Metastasios standen am Beginn, gefolgt von „Per questa bella mano“ KV 612, virtuos auf dem Kontrabass umsäbelt von Anthony Manzo, dessen Spezialbass schon bei der Ballettmusik mit Extratiefe auftrumpfen durfte. Welcher Aufwand für Ironie im Liebeswerben!

Nach der Pause ein zu Herzen gehender Abschied von der Tochter in „Mentre ti lascio, oh figlia“ KV 513. Den Höhepunkt aber bildet eine Arie Guglielmos, die schließlich nicht in Cosi fan tutte verwendet wurde: „Rivolgete a lui lo sguardo“ KV 584. Hypertrophe Selbstdarstellung beim Anbaggern ergibt in dieser ausladenden Arie eine breite Basis für buffeske Komödiantik in Stimme und Orchester. Wie an anderer Stelle Magnetismus die rechte Manier zu trillern ad absurdum führt, ist es hier das Trillern der Nachtigall. Quasthoffs geschmeidiger Bass ist ein überzeugender Führer durch diese unterschiedlichen Landschaften.

Am Donnerstag (4.11.) wirkt die Camerata Salzburg in einem Konzert des Salzburger Jazzherbst mit Benjamin Schmid (Violine) und dem Sabina Hank-Trio mit. Auf dem Programm: "Wings" für Violine, Streichorchester und Rythmusgruppe von Friedrich Gulda. -  www.salzburgerjazzherbst.at
Bei DGG sind zuletzt folgende CDs mit Thomas Quasthoff erschienen: Italienische Arien von Haydn (mit dem Freiburger Barockorchester unter Gottfried von der Goltz), "Dialog-Kantaten" von Bach (mit Dorothea Röschmann und den Berliner Barock Solisten unter Rainer Kussmaul) - und natürlich die zweite Jazz-Edition "Tell it like it is".
Bild: DGG

 

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