Jeder ein primus inter pares

CAMERATA SALZBURG / HINTERGRUND / SAISONAUFTAKT

28/09/10 Kein neuer „Chefdirigent“ für die Camerata: Nach Végh, Norrington und Kavakos will sich die Camerata Salzburg nicht länger auf eine Person konzentrieren,  sondern sich mit „außergewöhnlichen Künstlern über längere Zeit verbinden“.

Von Heidemarie Klabacher

altDie Camerata Salzburg möchte sich aktuell nicht auf einen Künstlerischen Leiter festlegen. Angestrebt werde stattdessen „längerfristige intensive Zusammenarbeit“. Im Gespräch sei man derzeit unter anderem mit Philippe Herreweghe, Alexander Lonquich, Louis Langrée oder Thomas Zehetmair.

Louis Langrée etwa, der die Camerata bereits mehrmals geleitet hat, habe eine „besonders intensive Art zu musizieren“, sagte der Cellist und Orchestersprecher Shane Woodborne: „Er verlangt, dass die Probenarbeit nicht minderwertiger ist, als das Konzert. Das ist wie bei Sandor Végh“. Philippe Herreweghe habe bei den bisherigen gemeinsamen Projekten an die historische Praxis von Roger Norrington angeschlossen: „Aber auf einem ganz anderen Weg.“

Das Orchester hänge finanziell davon ab, auf der ganzen Welt zu gastieren, und brauche daher „künstlerische Flexibilität auf dem internationalen Musikmarkt“, so Camerata-Geschäftsführer Lutz Hochstraate.

Auch am Konzertmeisterpult gibt es eine Neuerung: Ab Januar 2011 wird die Geigerin Katja Lämmermann die Position der 1. Konzertmeisterin übernehmen. Bisher als erste stellvertretende Konzertmeisterin des Deutschen Sinfonie Orchesters Berlin (DSO) tätig, leitet sie bereits jetzt einige Projekte der Camerata Salzburg.

altAuch Alexander Janiczek, der damit zur Camerata zurückkehrt, wird das Orchester bei wichtigen Projekten vom Konzermeisterpult aus leiten: „Die Position des Dirigenten von heute hat es vor etwa 1820 ja gar nicht gegeben.“ Louis Spohr sei der erste gewesen, der überhaupt einen Dirigentenstab verwendet habe. „Das ist eine wunderschöne Art des Zusammenspielens.“ Die Interpretation eines Werkes werde damit nicht vom Dirigenten vorgegeben, vielmehr sei „das Orchester aufgerufen, im Konsens eine Lösung zu finden.“

Tatsächlich sei die künstlerische Eigen- und Mitverantwortlichkeit jedes einzelnen Orchestermitgliedes in der Camerata seit jeher stärker als in jedem andern Orchester, so Shane Woodborne. Damit gehe auch der „authentische Orchesterklang“, mehr als bei anderen Ensembles, stärker vom Orchester selber, als vom jeweiligen Dirigenten aus. „Wir haben einen starken Kern.“ Die Camerata administriere sich auch selber. „Wir haben niemand, der uns einteilt ung unsere Dienstpläne erstellt.“

Die neue Abo-Saison in Salzburg mit dem Thema „Wahlverwandtschaften“ wird kommenden Freitag (1.10.) und Sonntag (3.10.) im Großen Saal mit Werken von Mozart, HK Gruber und Gottfried von Einem eröffnet. Am ersten Pult wird Alexander Janiczek sitzen, der bereits 1991 von Sándor Végh zum ersten Konzertmeister der Camerata Salzburg ernannt worden ist.

Die Zahl der Abonnenten sei derzeit wieder auf ihrem früheren Höchststand. Ganz aus-abonnieren wolle er die Doppel-Kozerte nicht, so Hochstraate: „Es sollen auch spontan Interessierte Gelegenheit haben, die Camerata in ihrer Heimatstadt Salzburg zu erleben.“

Im Mai 2012 wird es wieder eine „Begegnung“ geben: „Da feiern wir hundert Jahre Sandor Végh und sechzig Jahre Camerata. Grund genug, die Begegnung wieder aufleben zu lassen“, so Geschäftsführer Lutz Hochstraate. Dabei wolle man nicht nur die Vergangenheit feiern, sondern - unter anderem mit einem Jugendkonzert bei der um einen Tag verlängerten Begegnung - auch in die Zukunft blicken.

Neues gibt es auch vom Verein der Freunde der Camerata Salzburg: neue Präsidentin des derzeit 210 Mitglieder zählenden Unterstützervereins ist Linde Végh.

Informationen über das Orchester, Karten und Termine: www.camerata.at
Bilder: Camerata Salzburg / Christian Schneider