Wie die Alten sungen

MOZARTEUMORCHESTER / HEIMSPIEL 1 / LEOPOLD HAGER-FONDS 

29/09/23 Dem ehemaligen langjährigen Chefdirigenten des Mozarteumorchesters, Leopold Hager, ist die Nachwuchs-Förderung ein großes Anliegen. Auf Initiative von Orchesterdirektor Siegwald Bütow wurde der von Leopold Hager mit 40.000 Euro ausgestattete „Leopold Hager Dirigent:innen Fonds“ ins Leben gerufen.

Von Horst Reischenböck

Mit Hilfe dieses Fonds könne das Mozarteumorchester jungen Dirigentinnen und Dirigenten für eine Arbeitsphase zur Verfügung stehen und der Nachwuchs könne „in der Arbeit mit einem professionellen Spitzenorchester wichtige Erfahrungen sammeln“. So die Idee von Orchesterdirektor Siegwald Bütow. Im ersten Jahr des von Leopold Hager gestifteten Preises präsentierte das Mozarteumorchester nun im Rahmen seines ersten HEIMSPIEL-Konzerts im Orchesterhaus drei junge Dirigenten, die ganz aktuell bei bedeutenden internationalen Dirigentenwettbewerben ausgezeichnet wurden: den deutsch-österreichischen Dirigenten Georg Köhler, den deutsch-italienischen Dirigenten Nicolò Umberto Foron sowie den aus Südkorea stammenden Dirigenten Hankyeol Yoon.

Das Triumvirat begeisterte am Donnerstag (28. 9.) im Ferstl Saal des Orchesterhauses. Es ging nicht um die Anspannung um den Gewinn eines Wettbewerbs, das haben für heuer alle drei bereits heuer hinter sich. Vielmehr ging es ums Musizieren: In zwei Proben und einer Generalprobe vor dem öffentlichen Konzert durften sie ein Werk ihrer Wahl erarbeiten, ihre Ansichten in Einklang mit dem willig mitgestaltenden Mozarteumorchester teilen.

Georg Köhler ist ist dritter Preisträger des Gustav-Mahler-Dirigentenwettbewerbs, der mit den Bamberger Symphonikern ausgetragen wird und aus dem so renommierte Preisträger wie Gustavo Dudamel oder Lahav Shani hervorgegangen sind. Mit Joseph Haydns Sinfonie B-Dur Hob. I/102 aus dem Londoner Zyklus machte er es sich zu Beginn nur vordergründig leicht. Da namenlos im berühmteren Umfeld und deswegen eher links liegen gelassen, erinnerte gerade Köhlers Gestaltung dieser Sinfonie daran, wie und dass gerade Haydns geniale Einfälle eigentlich viel zu wenig erklingen. Im Zusammenwirken aller zur Verfügung stehenden Kräfte lud Georg Köhler schon die Einleitung in den Kopfsatz spannungsvoll auf, dessen Vivace er dann förmlich explodierenden Schub verlieh, Vorbild für Beethovens Dramatik wie auch das anschließend fein abgestufte Adagio. Auf den „Haydn-Spaß“ mit seinen zwei „falschen“ Schlüssen fiel das Auditorium aber doch nicht herein.

Hankyeol Yoon ist derGewinner des diesjährigen Young Conductors Award der Salzburger Festspiele, der etwa für Mirga Gražinytė-Tyla 2012 ein Ausgangspunkt für ihre internationale Karriere wurde. Er  widmete sich mit energischen Gesten und vollem Einsatz Franz Schuberts Sinfonie C-Dur Nr. 6 D 589. Der letzten der sogenannten Jugend-Sinfonien steht das Attribut „klein“ gar nicht zu. Schon aus dem eröffnenden Adagio mobilisierte Yoon bedrohliche Aspekte, ehe er das Allegro losgaloppieren ließ. Sensibel zeichnete er im Andante das Frage- und Antwortspiel im Zuwerfen der Themen zwischen Streichern Holzbläsern und Streichen nach. Nach dem energisch aufgeladenen Scherzo traute er sich, die einzelnen Episoden im Finale bewusst tempo-mäßig so abzusetzen, wie es vor ihm nur der Salzburger Thomas Zehetmair ähnlich handhabte. Hankyeol Yoon ging bewusst das erste Thema ganz gemächlich an, um dann die Zügel anzuziehen und dunkel bedrohliche Wolken am Firmament erscheinen zu lassen. Eine durchaus wienerische Angelegenheit, der das Mozarteumorchester blendend folgte.

Nicolò Umbertoe Foron ist Gewinner der Donatella-Flick Conducting Competition in London, die mit einer Assistenz beim London Symphony Orchestra und der Zusammenarbeit mit Dirigenten wie Sir Antonio Pappano oder Sir Simon Rattle verbunden ist. Mit Johannes Brahms Serenade D-Dur op.11 widmete er sich dem ausgedehntesten Werk des Abends. Allein den Kopfsatz hätte Kollege Dvořák locker zum Ausgangspunkt einer Sinfonie genommen. Nicht so der von Skrupeln geplagte Brahms: Er ließ darauf ein kurzes erstes, dunkel Moll-getrübtes Scherzo als Vorwegnahme des Gegenstücks in seinem Klavierkonzert Nr. 2 folgen, ehe alle Ausführenden im Adagio non troppo tonschön in romantisch melancholische Gefilde entlassen wurden. Das Menuett der Klarinette über dem Brummbass des Fagotts wirkte danach fast wie eine Karikatur, und nachdem die ausgezeichnet disponierten Hörner im zweiten Scherzo zur Jagd gerufen hatten, trieb Foron deren Reiter schwungvoll durch das abschließende Rondo.

Nach fast zweieinhalb Stunden Spielzeit blieb nur der Wunsch: Alle drei aufstrebenden Talente mögen bald wieder den Weg nach Salzburg finden!

Bilder: MOS / Juliane Breyer