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Asien grüßt Europa

 KULTURVEREINIGUNG / SEOUL PHILHARMONIC ORCHESTRA  / VÄNSKÄ

20/10/11 Das Seoul Philharmonic Orchestra war vor Jahren einmal in Grafenegg zu Gast. Seine derzeitige Tournee führt in die Niederlande und ins United Kingdom – und macht dieser Tage unter seinem Noch-Chefdirigenten Osmo Vänskä in Salzburg Station. Mit von der Partie ist der Cellist Nicolas Altstaedt.

Von Horst Reischenböck

Waren eine österreichische und eine lokale Erstaufführung Donnerstag (19.10.) zu viel des Guten für das Abonnenten-Publikum? Eigentlich erschütternd für eine „Musikstadt“ wie Salzburg, die zahlreichen leeren Sitze Mittwochabend im Parkett des Großen Festspielhauses! Wo blieb da die Neugierde auf Interessantes abseits vom gängigen Repertoire und – abgesehen davon – wann bietet sich schon Gelegenheit, zeitgenössische südkoreanische Werke hören zu können?

Wie gleich zu Anfang, als eine Art kurzer Ouvertüre, das Stück Frontispiece der in Deutschland lebenden Ligeti-Schülerin Unsuk Chin, als Auftragswerk der Elbphilharmonie Hamburgs dort vor drei Jahren uraufgeführt und nun erstmals bei uns zu hören. Unsuk Chin lässt im Wechsel von spannungsgeladenen Momenten und fast überirdisch tief lotender Ruhe die musikalische Vergangenheit in einem zeitraffenden Brennspiegel gedanklich verfremdend Revue passieren. Zur Analyse wäre sofortige Wiederholung des achtminütigen Werkes spanend gewesen. An Zustimmung nach dieser trefflichen Möglichkeit für das großformatig angetretene Orchester, sich zu akklimatisieren und unter der präzisen Zeichengebung seines finnischen Dirigenten warm zu spielen, mangelte es jedenfalls nicht.

Wie viele seiner Kollegen, ist auch Sir William Walton keiner der hierzulande oftmals gespielten britischen Komponisten. Eine Rarität also auch sein Konzert für Orchester und Violoncello, das zu absolut lohnender Entdeckungsreise einlädt und schon vom ersten Takt an aufhorchen lässt. Stehen doch seine drei Sätze bewusst dem Normalablauf entgegen: Moderato bietet sich dem Solisten vorerst Gelegenheit zu kantabler Ausbreitung, gefolgt von einem vertrackt virtuosen Perpetuum mobile und, als Finale, elegische Variationen, in die eine lautstark von der Begleitung unterbrochene Kadenz eingebettet sind. Eine meisterlich differenzierte Interpretation. Solist Nicolas Altstaedt, von Festspielzeiten her längst bekannt und immer wieder gern gesehen, nutzte die Gunst der Stunde und bot mit den Trois strophes sur le nom de Paul Sacher von Henri Dutilleux als Zugabe einen weiteren grandiosen Einblick in sein sowohl technisch überwätigendes wie tief empfunden gestalterisches Können. Mit Doppelgriffen, Springbogen, Flageolett bis in allerhöchste Regionen hinein reizte er das in seinen Händen prachtvoll tönende Instrument nochmals in allen Facetten aus.

Für Osmo Vänskä bedeutete die Symphonie Nr. 1, e-Moll op. 39 seines Landsmannes Jean Sibelius' gleichsam ein Heimspiel. Die Erste Sibelius war zwar nicht die erste in Finnland entstandene Symphonie, aber sie wurde zur Wende ins Jahr 1900 international zum Bannerträger einer sich von Russlands Besetzung abnabelnden Nation. In ihr schwingen noch Anklänge an manche Vorläufer mit. So erinnert das vom ersten Klarinettisten phänomenal phrasierten Solo an Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Pate, obwohl Sibelius das später vehement in Abrede stellte. Im hämmernden Rhythmus des Scherzos lässt mit dem Anton Bruckner grüßen.

Osmo Vänskä vermittelte vorerst den Eindruck, allzu große persönliche Emotion bewusst hintan stellen zu wollen. Mit energischem körperlichem Einsatz peitschte er das Seoul Philharmonic Orchestra durch das erste Allegro, ließ auch im weiteren Verlauf den für Sibelius typisch unvermutet auftretenden Generalpausen wenig Spielraum, bis er endlich mit dem fulminanten Blech die Apotheose anpeilte und ausbreitete – beschlossen durch den irritierend tiefen Pizzikato-Schluss. Danach gaben die süffig sonoren Streicher mit dem Ohrwurm des bekannten Valse triste op. 44 noch ihre Pianissimo-Qualitäten zum Besten gaben. Eine weitere Rarität, das sentimental-gefühlvolle Arirank von Texu Chim, schloss als zweite Zugabe den Kreis zum koreanischen Beginn.

Heute Donnerstag (20.10.) und morgen Freitag (21.10.) folgen Donghoon Shins Kafka's Dreams, Schumanns Cellokonzert und Strawinskys Feuervogel-Suite – www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV-Neumayr-Hofer; www.harrisonparrott.com / Joel Larson

 

 

 

 

 

 

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