Neue Altstadtmusiken

KULTUR – VIRTUELL

23/12/20 Der Bär war nicht los in Salzburgs Altstadt, obwohl damals der erste Lockdown längst vorbei und von einem Wiederaufschwappen der Corona-Welle noch nicht Rede war: bei der Uraufführung der Komposition Corpus Stadt von Alexander Bauer und Marco Döttlinger. Mitte September.

Von Reinhard Kriechbaum

Es waren einige spätsommerlich warme Nachmittage, als Corpus Stadt am 18. September und den beiden darauffolgenden Tagen vorgestellt wurde. Darum ging's: Alexander Bauer und Marco Döttlinger sammelten Salzburger Peripherie-Laut, sprich: sie machten Feldaufnahmen in den Randbezirken Salzburgs, Geräusche, menschliche Stimmen und dergleichen. Das wurde dann in Kompositionen eingearbeitet, die das oenm in der Altstadt gespielt hat, in mehrmals wiederholten Wandelkonzerten, die aus den Dombögen in den Hof bzw. die Arkaden der Residenz und weiter in die Kollegienkirche führten. „Im Zentrum erklingt das meist überhörte Klanggeschehen der städtischen Peripherie“, so die Veranstalter.

„Gut gelungen“ schrieb DrehPunktKultur in der Besprechung dieser Veranstaltung des auf eine einzgie Produktion – eben diese – zusammengeschrumpften stART-Festivals. Corpus Stadt wurde von der ARGEkultur und dem oenm gemeinsam in Zusammenarbeit mit FS1 umgesetzt. Wir merkten damals auch an, dass der Originalitätswert nicht gar so enorm war, und sprachen von der Neuerfindung des Rades, wenn auch die elektronischen Mittel heutzutage deutlich ausgefeilter sind als vor ein paar Jahrzehnten und die beiden jungen Komponisten sehr subtil damit umgegangen sind. Allemal gut, dieses von FS1 aufgezeichnete und auf Youtube abgestellte Wandelkonzert nochmal in Ruhe zu verfolgen.

Auch die ARGEkultur bietet das anderthalbstündige Video auf ihrer Website an. Wer sich wundert, dass die meisten Leute in sommerlicher Adjustierung herumrennen: „Premiere am 23.11.2020“ ist eine Ente auf Youtube. Es war zwei Monate früher im Jahr.

Unterdessen ist die Stadt sowieso wieder zu kalt für derlei Outdoor-Events und abermals menschenleer. Der zweite Lockdown ist für die Kultur sang- und klanglos in den dritten übergegangen. Viele Kultureinrichtungen weichen notgedrungen wieder ins Internet aus. Die ARGEkultur hofft „ganz stark“, dass das MotzArt Festival denn doch von 30. Jänner bis 6. Februar 2021 wird wie geplant vor Publikum im Saal stattfinden können. Das übliche Gedränge wird’s freilich nicht geben dürfen.

Von den Jänner-Terminen in der ARGEkultur ist nur ein einziger nicht abgesagt oder verschoben, und der ist virtuell: Die Produktion Austropopo – Weil's (ned) wurscht is des kollektiv Kollinski wird von FS1 am 15. Jänner um 19.30 als Stream übertragen. Die Bühnenfassung will man Anfang Juli 2021 in der ARGEkultur zeigen.

Die FS1-Aufzeichnung von „Corpus Stadt“ von Alexander Bauer und Marco Döttlinger auf Youtube
Bilder: FS1 / Filmstills
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