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Romantisches und Rares

STIFTUNG MOZARTEUM / LIEDERABEND FINGERLOS / MOUISSI

19/10/20 1920 in Wien geboren, fühlte er sich zur klassischen Musik hingezogen, spielte begeistert Klavier und komponierte Lieder nach dem Vorbild großer Meister. 1939 emigrierte in die USA und arbeitete als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Komponieren war kein Thema – bis er 1973 seiner Jugendliebe wieder begegnete, die ihn erneut zum Komponieren ermutigte. - Wer ist's gewesen?

Von Elisabeth Aumiller

Der Bariton Rafael Fingerlos, geboren in Tamsweg geboren und aufgewachsen in Mariapfarr, wählte für seinen Liederabend am Freitag (16.10.) im Großen Saal des Mozarteums romantische Sehnsuchts-Lieder vom Jahresregenten Ludwig van Beethoven, von Franz Schubert und Richard Strauss und untermischte diese mit wenig bekannten Liedern von Robert Fürstenthal. Der junge Bariton Rafael Fingerlos hat bereits beachtliche Sprossen auf der Karriereleiter erklommen. Er ist mehrfacher Preisträger renommierter Wettbewerbe, gastierte an großen Opernhäusern und war von den Spielzeiten 2016/17 bis 2019/20 Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper.

Und wer war Robert Fürstenthal? 1920 in Wien geboren fühlte er sich zur klassischen Musik hingezogen, spielte begeistert Klavier und begann Lieder zu komponieren nach dem Vorbild großer Komponisten. 1939 verließ er auf wohlmeinenden Rat hin die Heimat und seine Jugendliebe - und emigrierte in die USA, wo er als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer arbeitete.

Komponieren war kein Thema mehr bis Fürstenthal 1973 seiner inzwischen ebenfalls in den USA lebenden Jugendliebe wieder begegnete, die ihn erneut zum Komponieren ermutigte. 1974 heirateten die beiden und in Folge entstanden zahlreiche Kompositionen bis Fürstenthal 2016 mit 96 Jahren in Kalifornien starb.

Rafael Fingerlos erweckt also weitgehend Unbekanntes zum Leben, wenn er fünf Lieder Fürstenthals zu Gehör bringt: Liebeslied, Aber ich seh Dich ja nicht, Reiselied, Notturno und Der Tag der weißen Chrysanthemen sind tonale Lieder gemäß spätromantischer Vorbilder nach Gedichten von Josef Weinheber, Hans Bethge, Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke. In Stimme und Ausdruck zeigte der Bariton eine beachtliche Affinität für diese Raritäten und gab dafür ein überzeugendes stimmlich-musikalisches Plädoyer.

Dass ihm der Beethovens Zyklus An die ferne Geliebte, Schuberts Der Wanderer an den Mond oder Frühlingsglaube und Seligkeit am Herzen lagen, ebenso Richard Strauss' Breit über mein Haupt oder Heimliche Aufforderung, ließen seine Miene, seine  gut verständliche Diktion und sein energetischer Einsatz erkennen. Und da glückten und überzeugten auch schöne gesangliche Passagen. Aber das, was Mienenspiel und die Sprachbehandlung ausdrückten, wollte sich in der Stimmfarbe nicht so recht spiegeln.

Fingerlos bevorzugte eine überwiegend einheitliche Tongebung, und nur wenn er zwischendurch die Stimme zurücknahm, stellten sich Farbe und Flexibilität ein, während sonst die baritonale Wärme von sprödem, beinahe hartem Beiklang getrübt war. Es ist nicht auszuschließen, dass die menschliche Stimme nach langen Auftritts-Pausen, wie sie die letzten Corona-Monate für die meisten Künstler mit sich brachten, etwas an Geschmeidigkeit einbüßen könnte.

Aber alles ins Lot brachte Rafael Fingerlos mit den Zugaben, etwa bei Brahms' Volkslied Da unten im Tale , das er in der Mundart sang und seinem zahlreichen, aus dem Lungau angereisten Publikum widmete. Das war wirklich charmant und liebenswert gesungen. Am Klavier waltete der aus Frankfurt gebürtige Sascha El Mouissi und erwies sich als hoch einfühlsamer, fantasievoller Gestalter. Er zauberte ein breites Farbenspektrum in vielfältiger Agogik aus den Tasten, zelebrierte in liebvoller Hingabe die Klaviermelismen Beethovens und Schuberts  und griff bei Fürstenthal und Strauss imponierend zu.

Bilder: dpk-Aumiller

 

 

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