asdf
 

See- und andere Nöte

BACHCHOR SALZBURG / CHORAGE 1

19/03/19 Das Schiffsunglück der Fähre „Estonia“ 1994 im Baltischen Meer ist auch im südlicheren Europa im kollektiven Gedächtnis geblieben. Der finnische Komponist Jaakko Mäntyjärvi erinnert an die Tragödie mit seinem Canticum calamitatis maritimae – dem Höhepunkt des ersten Konzertes in der neuen Konzertreihe.

Von Heidemare Klabacher

„Chorage“ nennt der Bachchor seine kleine Serie aus drei erstmals in Eigenregie veranstalteten acapella Konzerten. Eröffnet wurde die Reihe in der Evangelischen Christiuskirche unter dem Titel Lamenti mit Werken von Thomas Tallis über Mozart, Sibelius und Poulenc bis eben Jaakko Mäntyjärvi mit seiner dramatischen Klage über die Tragödie in der baltischen See: Das Werk basiert auf der damaligen Meldung des finnischen Senders „Nuntii Latini“ der einmal wöchentlich aktuelle Berichte aus aller Welt in lateinischer Sprache sendet. Dazu kommt das geflüsterte „Lux aeterna luceat eis Domine“ aus dem Requiem, von dem im Flüsterton vor allem stechende „x“ und „z“ beim Hörer ankommen: eine so geheimnisvolle, wie bedrohlich auf das Unsagbare einstimmende Sound-Kulisse. Im Psalm 107 ist die Rede von den Menschen, die auf ihren Schiffen das Meer befahrend Handel treiben und verzweifeln angesichts der Macht des Sturmes: Sie schrien Gott um Rettung an, und wurden froh, „als die Wellen sich legten und es still geworden war“. Eine raffiniert aus verschiedensten literarischen Gattungen kompilierte Textvorlage für eine ebenso raffiniert aus verschiedensten musikalischen Stilen zu einem bewegenden Ganzen gegossene Komposition.

Ebenso in Bestform zeigte sich der Bachchor Salzburg unter der Leitung von Alois Glassner etwa in Ralph Vaughan Williams’ Madrigal Love is a sickness (dramaturgische Verknüpfung von Übelkeit auf See und in der Liebe?) oder in Hubert Parrys betörend traurigen Liedern des Abschieds. Mit bewundernswerter – aber rein akademischer – Akkuratesse vorgetragen wurde Mozarts Kyrie-Kanon KV 89, eine gesungene Tonsatzübung, die auch genau so geklungen hat. Seinen Reiz entfaltete das Programm und seine Qualitäten der Bachchor dagegen wieder in Jean Sibelius Träumen, der herrlich schwülstigen Abschiedsklage Farewell, my Joy von Charles Villiers Stanford oder der folksong-haft heiteren Ballade The Sailor and Young Mary von Ernest John Moeran.

Das zweite Chorage-Konzert des Bachchores ist am 15. Juni, ein „Wandelkonzert“ zwischen Salzburg Museum und Dom mit Werken von Monteverdi bis Mendelssohn (inklusive Allegri Miserere). Das dritte am 28. September in der Kollegienkirche bringt Highlights von Bruckner von Locus iste bis Os justi.

www.bachchor.at
Bild: dpk-klaba

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014