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Very British

KULTURVEREINIGUNG / NDR RADIOPHILHARMONIE (2)

08/02/19 Knapp vor dem Brexit brachte Dirigent Andrew Manze am Donnerstag (7.2.), beim zweiten Auftritt der Radiophilharmonie Hannover, bislang noch nie in Salzburg zu hören gewesene Kompositionen aus England. Dazwischen betörte die Solistin Arabella Steinbacher mit dem Korngold-Violinkonzert.

Von Horst Reischenböck

Für Andrew Manze ergab sich also in Teilen gewissermaßen ein Heimspiel, wenn auch in der Fremde. Für die unvoreingenommene Neugier von Zuhörern brachten er und sein Orchester eine Werkfolge zum genussvollen Kennenlernen, die auf hohem Standard alle Erwartungen erfüllte. Der Abend wurde übrigens auch live nach Niedersachsen übertragen.

Altmeister Sir Edward Elgar, der um 1900 den musikalischen Aufschwung auf der Insel ins Rollen brachte, ist bei uns kein Unbekannter. Weniger als Komponist zweier ausgewachsener Sinfonien, sondern vor allem durch die Instrumentalkonzerte seiner Reifezeit. Seine in Salzburg noch nie aufgeführte Konzertouvertüre Froissart op. 19 ist freilich noch ein relativ ungestümes Jugendwerk. Inspiriert wurde sie durch Ideen über das Mittelalter, jedoch ohne innewohnend illustratives Programm. Auf jeden Fall gibt sie ein perfektes Vehikel, instrumentales Können vorzuführen: Mit Andrew Manze ist leidenschaftlicher Dirigent am Werk, der seinen Taktstock großräumig schwingt und damit gelegentlich auch als spitzem Degen die Ausführenden anstachelt.

An des österreichischen Emigranten Erich Wolfgang Korngolds Violinkonzert erinnerten immerhin bereits 2004 die Festspiele.Es teilt mit Tschaikowskis Vorgänger nicht nur die Tonart D-Dur, sondern auch die Opuszahl 35. Für die Kulturvereinigung hingegen war‘s eine Novität, vor allem aber eine Bereicherung des Angebots mit einer Solistin wie Arabella Steinbauer, der die drei Sätze ein Herzensanliegen sind und sie sich darin absolut wohlfühlt. Sie hat die technischen Voraussetzungen an stupend technischem Können, nahezu alle Facetten des Werkes voll auszuspielen. Mit süßem Ton und lyrischer Kantilene hob sie quasi den Vorhang vom eröffnenden Moderato, steigerte sich in gleißende Höhen und meisterte bravourös die vertrackte Kadenz. Die Romance gestaltete sie beinah zerbrechlich. Und sie wirbelte durch das Finale, dessen Orchesterpart Korngold quasi mit Themen seiner Filmmusiken spickt – und begreiflich macht, warum und wie Korngold für Hollywood prägend wurde.

Eine weitere Salzburger Erstaufführung war die mittlere der neun Sinfonien von Ralph Vaughan Williams. Sein symphonisches Schaffen ist unverständlicherweise bislang bei uns so gut wie unbekannt geblieben. Andrew Manze beschäftigt derzeit eine Gesamteinspielung in Liverpool. In der Felsenreitschule engagierte er sich mit der NDR Radiophilharmonie für die Fünfte. Diese ist großteils während des Zweiten Weltkriegs entstanden, ist aber dennoch keine „Kriegssinfonie“, sondern vermittelt in D-Dur Sehnsucht nach Frieden und Geborgenheit.

Davon kündet schon der Horneinsatz ins Preludio, das stimmungsmäßig an Sibelius, den Widmungsträger, gemahnt. Ein kurz irrlichterndes Scherzo hingegen dünkt von Vaughan Williams Lehrer Maurice Ravel beeinflusst. Mit der melodisch von Holzbläsern bestimmt getragenen Romanza folgt einer der wohl schönsten Sätze englischer Sinfonik, dessen entrückte Bukolik gleichwohl nicht ungetrübt bleibt. Die abschließende Passacaglia, eher typisch englisch Variations on a ground bass, klingt nach einem Aufschwung ähnlich Strawinskis Feuervogel friedlich aus. Darauf passten wiederum perfekt die Zugaben: La paix, das Largo aus Georg Friedrich Händels Feuerwerksmusik und die zündende Réjouissance.

Heute Freitag (8.2.) wiederholen die Gäste dasselbe Programm. Nutzen Sie die Gelegenheit: Es gibt noch Karten!  www.kulturvereinigung.com
Bilder: Kulturvereinigung / Chris Christodoulou (1); Peter Rigaud (1) 

 

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