Kämpferisch ins Finale

CAMERATA SALZBURG / FAZIL SAY

10/12/18 Vor zwei Jahren wurde Fazil Say in Bonn mit dem Internationalen „Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion“ ausgezeichnet. Am Freitag (7.12.) überrumpelte er, im wahrsten Sinn des Wortes, die Hörer durch seine kompromisslose Sicht auf Beethovens letztes Klavierkonzert.

Von Horst Reischenböck

Die Tonart Es-Dur wird seit der Eroica bei Ludwig van Beethoven mit Begriffen wie „kämpferisch“ in Verbindung gebracht. Zuvor war das freilich nicht so, das belegt etwa Beethovens durch Rekonstruktion nachvollziehbar gemachtes Jugendwerk. Mozarts Jenamy Konzert steht übrigens auch in Es-Dur und rückt ebenfalls den Solisten gleich ins Zentrum des Geschehens. Ob Beethoven wohl Mozarts Komposition jemals zu Gesicht bekommen hat?

Beethovens Konzert für Klavier und Orchesrter Es-Dur op. 73 ist jedenfalls von den Ausmaßen her weit größer dimensioniert und wurde wohl deshalb, und im englischsprachigen Raum gilt das noch heute, vom Beethoven Zeitgenossen Johann Baptist Cramer zum „Emperor“ hoch stilisiert. Das zeugt freilich von totaler Verkennung des Werks, trotz der ihm inne wohnenden majestätischen Gestik. Auch ist schon der Kopfsatz nahezu durchgehend martialisch geprägt. Fazil Say ließ daran nicht den geringsten Zweifel.

Aber konnte Beethoven das jemals selbst ähnlich noch so ausnehmen? Der von ihm geschätzte Hammerflügel von Nanette Streicher dürfte dem Ertaubenden wenigstens durch Vibration der Tasten eine Vorstellung ermöglicht haben. Fazil Say hämmerte nach dem aufrauschenden Einstieg ins Allegro mit seiner linken Pranke jedenfalls in ständig vorwärts drängendem Sog eindeutig die Schlacht aus den Bässen des Steinway, ohne sich viel Zeit zu zurücknehmendem Besinnen während der raren lyrischenden Einsprengsel zu gönnen. In diesem Sinne ünterstütze die Camerata den Solisten.

Nach dem wispernden Einstieg ihrer gedämpften Streicher „sang“ sich Fazil Say dann – übrigens auch im wahrsten Sinn des Wortes - in das beruhigende Adagio hinein. Und stürzte sich wiederum dramatisch in den pulsierenden Reiterrhythmus des Rondos, den die Hörner im Eifer des Gefechts nicht ganz schadlos überstanden. Beethoven machte das ähnlich im klingenden Schlachtengemälde Wellingtons Sieg. Eine Spur zu stark im Alleingang, wurde Say dann zuletzt akustisch durch die Holzschlegel der Pauke in den Hintergrund gedrängt. In Verbindung mit den ebenfalls schlagkräftigen Naturtrompeten hätten vielleicht weichere Schlegel gereicht.

Nach dem aufbrausenden Beifall passte jedenfalls perfekt das c-Moll-Finale der Sonate Pathetique ideal als Zugabe. Mit zwei nachgereichten Chopin-Nocturnes erinnerte Fazil Say noch daran, dass er vor zwei Jahren in dem von ihm hochgeschätzten Großen Saal des Mozarteums eine Chopin-CD einspielt hat.

Nach der Pause bot die Camerata vorzügliches Material sich daran zu erinnern, wie verschwenderisch Wolfgang Amadé Mozart Gelegenheitsmusiken gedanklich bestückt und aufgewertet hat. Von Konzertmeister Gregory Ahss animiert angeführt, bot die (auf die Prager Sinfonie vorausweisende) Serenade D-Dur KV 320 Posthorn Serenade vor allem inmitten der erstklassig bestückten „Harmonie-Musik“ Gelegenheit, ihr Können prachtvoll ins Rampenlicht zu rücken. Das namensgebende Posthorn-Solo reicherte Trompeter Kurt Körner leicht kapriziös an. Ein Genuss!