Einiges auf dem Buckel

ZWERGELGARTEN / HINTERGRUND

06/04/18 Was haben Holzbein, Zwicker, Turban, Vase oder Hendel gemeinsam? Richtig: Je einen Zwerg. Oder eine Zwergin natürlich. Ursprünglich sind es 28 gewesen, irgendwann wurden die verwachsenen Gestalten als Gartenschmuck unmodern und wurden verscherbelt. Nun waren die berühmten Salzburger Zwerge aus dem Zwergelgarten auf Kur.

Von Heidemarie Klabacher

Dass man die kleinwüchsigen Gesellinnen und Gesellen noch „Zwerge“ nennen darf, ist verwunderlich, dass Kleinwüchsige zur „Unterhaltung“ an Fürstenhöfen „gehalten“ wurden, ist kaum mehr vorstellbar. Dabei hat es Hofzwerge quasi immer gegeben. Viele dienten auch keineswegs billiger Lustbarkeit, sondern hatten Vertrauenspositionen innne und standen im Ruf treuer und loyaler Diener ihrer Herren.

Da gibt es doch die berühmte Paar-Statue aus dem Alten Reich in Ägypten: Der kleinwüchsige Seneb im Schneidersitz neben seiner groß gewachsenen Gemahlin. Seneb war ein hochrangiger Priester berufen in die höchsten Ämter und ausgezeichnet mit allen Ehrentiteln – von „Freund des Königs“ bis zur „Herr der Würde bei seinem Herrn“ – die das titelsüchtige alte Ägypten aufzubieten hatte. Im Josephs-Roman von Thomas Mann taucht, ziemlich genau nach dieser Vorlage, ein Zwerg als Ehegemahl einer groß gewachsenen Dame auf, ein eitler ehrsüchtiger und bösartiger Intrigant. Als getreuer und liebevoller Zwerg wuselt im Roman von Thomas Mann ein weiterer Kleinwüchsiger herum, der sich seiner Natur nicht schämt… Jetzt aber schnell zurück nach Salzburg.

Ende des 17. Jahrhunderts entstand unter Erzbischof Johann Ernst Graf Thun der Zwergelgarten im Park von Schloss Mirabell. Die ersten Zwerge wurden vermutlich 1691/92 gefertigt, wahrscheinlich von einem Künstlerkollektiv unter Leitung von Ottavio Mosto und Bernhard Michael Mandl. Der Garten war 1695 weitgehend fertig und war, so die Verantwortlichen, „nach heutiger Kenntnis der älteste Zwergengarten Europas“.

Den Zwergelgarten bevölkerten ursprünglich 28 Skulpturen. In der Zeit der Aufklärung kamen die Zwerge – Marmorfiguren „missgestalteter“ Menschen – immer mehr in Verruf. Die Anlage wurde nicht mehr ordentlich gepflegt und begann zu verwildern. Anfang des 19. Jahrhunderts entschied man sich, die Figuren zu versteigern. Die steinerne Gesellschaft gerieten in Vergessenheit und zerstreute sich über Gärten in der Stadt Salzburg und darüber hinaus. 1919 beschloss der Gemeinderat, den einzigartigen Garten wieder zu errichten. Der Verschönerungsverein – der heutige Stadtverein – machte sich besonders um die „Rückkehr“ der Zwerge verdient.

Im heurigen Winter, von November bis März, waren die 15 Zwerge auf „Kur“ in Hallein: In der Werkstatt des Steinmetzmeisters und Restaurators Erich Reich wurden die barocken Skulpturen aus Untersberger Marmor auf Herz und Nieren geprüft. Fehlendes wurde ergänzt. Geputzt wurde nur dort wo es nötig war: „Im Vordergrund moderner Konservierung steht das harmonische Gesamtbild. Dabei soll der Stein maximal geschont und die Restpatina erhalten werden.“ Die Methoden klingen dennoch bedrohlich: „Mikrodampfstrahl, zurückhaltendes Partikelstrahlen und Kompressen kamen zum Einsatz.“ Dabei, so Steinmetzmeister Reichl, „wurde der oberflächliche Biofilm abgetötet“. Pilz- oder Algenflecken sind also geblieben: Man könnte diese nicht abschaben, ohne den Stein zu beschädigen. Auch Bleichmittel wie Chlor würden den Stein beschädigen.

Grundsätzlich sind die Zwerge gut beieinander. Der Untersberger Marmor erwies sich als weitgehend kompakt, es fanden sich nur vereinzelt lockere Stellen. Diese wurden gefestigt und mit Mörtel gefüllt: „Es wurden nur jene Stellen vervollständigt, die zur Erhaltung notwendig waren und der alten Steinsubstanz angepasst.“ Auch alte noch intakte Ergänzungen früherer Restaurierungsversuche wurden belassen oder konserviert.

Aufgestellt und neu gruppiert wurden die Skulpturen am alten Ort. Fertig sind sie schon länger. Das Winterwetter hat die Planung durcheinander gebracht: Wegen Frost, Kälte und Schnee dieses langwierigen Winters hingezogen konnten die Fundament nicht eher betoniert werden.

Am 25. Mai ab 15 Uhr wird der neue Zwergelgarten mit einem großen „Zwergelfest“ eröffnet
Bilder: Stadt Salzburg/Doris Wild