Röhren im Wasser und ein Tamtam mit Geheimnissen

HINTERGRUND / OENM / ELEKTROAKUSTISCHE MUSIK

12/01/18 Für das bevorstehende Konzert im neuen Zyklus des Österreichischen Ensembles für Neue Musik oenm hat es schon einen Vorlauf gegeben: „Mikrophonie 1“ von Karlheinz Stockhausen war eine neue Erfahrung für Schülerinnen und Schüler am Musischen Gymnasium.

Nach diesem Konzert in der Schule gab es eine Diskussionsrunde und es fehlte nicht an Fragen. Unsere Art, Musik zu hören, ist ja mehr als elitär, wenn man will: ein kostspieliger Ausnahmefall. Hochprofessionelle Orchester spielen auf wertvollen Instrumenten in architektonisch aufwendig gestalteten Sälen, abgeschirmt von jeder äußeren Störung: Unendliche Klangnuancen und die denkbar größte Bandbreite an realisierbarer Lautstärke sind der Lohn.

In der Geräuschkulisse außerhalb des Konzertsaals jedoch wird Musik elektroakustisch verstärkt oder von der Konserve abgespielt und damit oft genug selbst als Lärm wahrgenommen. „Weder brechen wir angesichts dieses Befundes in Wehklagen aus, noch möchten wir den entstandenen Verlust an musikalischer Subtilität kleinreden“, sagt Harald Schamberger, Geschäftsführer den oenm zum Programm des Konzerts morgen Samstag (13.1.) im Solitär der Universität Mozarteum. „Stattdessen drehen wir den Spieß um und rücken die Technologie hinter dieser Entwicklung in den Vordergrund.“

Grundsätzlich strebt die Aufnahme- und Verstärkungstechnik danach, ihre eigenen Prozesse unhörbar und unsichtbar zu machen. Das hochentwickelte Wissen der Toningenieure sowie der technologische Wettlauf um die verzerrungsärmsten Schaltungen, die sensibelsten Membrane und den unauffälligsten Formfaktor sollen dem verstärkten Klang den größtmöglichen Anschein der Natürlichkeit verleihen.

Nur selten wird die verwendete Technologie selbst Teil der Performance und noch seltener findet sie Eingang in kompositorische Prozesse. Dieses Zykluskonzert stellt drei ganz unterschiedliche Wege vor, sich der technologischen Realität künstlerisch zu stellen. Aber immer ist das Mikrophon das Wichtigste aller Geräte, es wird selbst zum Musikinstrument. Aber es sind schon auch Musiker beteiligt: Mitglieder des oenm und die Sopranistin Anna Maria Pammer.

Erin Gee nutzt in ihren Mouthpieces oft mehrere Mikrophone für ein und dasselbe Instrument, um einzelne, ganz bestimmte Aspekte eines Klanges hervorzuheben. Dieser Ansatz ist nicht nur akustisch, sondern zuweilen auch optisch reizvoll, besonders in Mouthpiece XXIV, wo der Perkussionist Metallrohre anschlägt und sofort danach ins Wasser taucht. Die eigentümlichen Glissandi, die auf diese Weise im Aquarium entstehen, werden über Hydrophone wiedergegeben - spezielle Mikrophone für den Einsatz unter Wasser.

Karlheinz Stockhausens 1964 entstandene Komposition „Mikrophonie I“ darf als ein Pionierwerk angesehen werden, der Verstärkungstechnik eine aktive musikalische Rolle zu geben. Ein Tamtam wird von beiden Seiten von jeweils einem Spieler mit verschiedensten Gegenständen in Schwingung gebracht. Zwei weitere Spieler tasten mit Mikrophonen das Instrument in genaustens notierten Bewegungen ab. Damit beeinflussen sie nicht nur aktiv den über Lautsprecher wiedergegebenen Klang, sondern machen auch für das menschliche Ohr ansonsten unhörbare Schwingungen wahrnehmbar. Wiederum zwei Spieler bearbeiten das Klangergebnis mit Bandpassfiltern, deren Frequenz ebenfalls kompositorisch fixiert ist.

Simon Steen-Andersen legt mit On And Off And To And Fro den Schwerpunkt auf das Eigenleben der Mikrophone. Nicht nur werden verschiedene technische Prinzipien – zum Beispiel das des Megaphons – und ihre Klangeigenschaften ausgelotet, sondern auch wie Mikrophone durch Rückkopplung als Klangerzeuger nutzbar werden und welches performative Potenzial sich daraus ergibt. (oenm)

Mikrophonie. Samstag, (13.1.) 19.30 im Solitär – www.oenm.at - www.mozarteum.at
Bilder: oenm