Zwischen Duo und Duell

UNI MOZARTEUM / VICTOR JULIEN-LAFERRIÈRE

11/01/18 Die „Klangreisen“ bescherten Kammermusikfreunden Mittwoch (10.1.) das Debüt des durch Gewinn des renommierten Concours Reine Elizabeth international „geadelten“ Cello-Jungstars Victor Julien-Lafeffière.

Von Horst Reischenböck

Für den 27jährigen Franzosen bedeutete der Auftritt innerhalb der abwechslungsreich gestalteten Konzertreihe im Solitär gleichsam ein „Heimspiel“. Zählt zu seinen Lehrern doch neben Heinrich Schiff hier in Salzburg Clemens Hagen. Wer den Abschluss des erstmals im Vorjahr in Brüssel ausgetragenen Violoncello-Wettbewerbs unter dem gleichfalls erst jüngst bei uns zu Gast gewesenen Dirigenten Stéphane Denève verfolgte, dem blieb ein grandios gestaltetes Schostakowitsch-Konzert im Gedächtnis.

Die Auspizien standen also gut, selbst unter dem bedauerlichen Umstand, dass ausgerechnet die ursprünglich für das Konzert geplanten und hierorts nahezu unbekannten Variationen über ein Thema von Rossini von Bohuslav Martinů der Überlänge wegen dem Rotstift geopfert wurden.

Für seine Debussy-Aufnahme wurde Victor Julien-Laffière auch bereits ausgezeichnet. Mit dessen d-Moll-Sonate für Violoncello und Klavier setzte er auch den Auftakt. Debussy hatte ursprünglich den Untertitel „Pierrot im Streit mit dem Mond“ im Sinn, an den irgendwie noch die Sérénade inmitten erinnern mag. Arnold Schönbergs drei Jahre früher auch unter französischem Einfluss entstandener „Pierrot lunaire“ lässt grüßen. Debussys verlangte ausdrücklich, der Pianist dürfe in den drei Sätze ja nicht seine Rolle als Begleiter aus den Augen verlieren.

Hier stellte sich jedenfalls zwischen Julien-Laffière und Jonas Vitaud am Steinway eine eher sperrig anmutende Atmosphäre ein. Auch die nachfolgenden drei Sätze von Leoš Janáčeks „Märchen“ waren, aus anderen Händen, in sich stimmungsvoller in Erinnerung. So gerieten vorerst Thomas Adès 2009 komponierte „Lieux retrouvés“ zum Höhepunkt der ersten Stunde, ein Kleeblatt von ihm „gefundener Orte“. In den „Wassern“ tropfen Kaskaden aus der Klaviatur, „Der Berg“ gipfelt mit schwindelerregenden Flageolett-Tönen in in gleichsam Sauerstoff-freien höchsten Regionen, während das Cello danach auf den „Feldern“ ruhige Gelassenheit verbreitet. Wütend blitzen dann in der „Stadt“ Rudimente des berühmt-bekannten Cancan aus Jacques Offenbachs „Orpheus in Unterwelt“ vituos in einem makabren Totentanz am Abgrund auf. Spontane Begeisterung der Hörer.

Nach der Pause war Romantik pur angesagt. Julien-Laferrière verströmte vorerst Tonschönheit verinnerlicht in der „Waldesruh“ op. 68 Nr. 5 von Antonin Dvořák, um sich dann in vehement den Forderungen von Sergei Rachmaninows Sonate in g-Moll op. 19 zu widmen. Auf den ausufernden Kopfsatz gefolgt von einem Scherzo, das Assoziationen an einen Ritt durch dunkle Wälder ähnlich Franz Schuberts „Erlkönig“-Vertonung beschwört. Nach der lyrischen Beruhigung im Andante ließ das Finale in dieser Interpretation keinen Zweifel mehr daran, dass der Urheber wohl in erster Linie an sich selbst am Klavier gedacht hatte, indem Jonas Vitaud die eigentlich melodiös führende Cello-Stimme bis zu „obligater“ Unhörbarkeit in fast akustischer Degradierung hinein duellierte.

Ausgewogener die stimmungsvolle Zugabe, Johannes Brahms' „Feldeinsamkeit“ als Transkription seines Lieds op. 86 Nr. 2. Dem Cellisten Victor Julien-Lafferière jedenfalls wäre ein Auftritt im Großen Festspielhaus zu wünschen.

Die nächsten Konzerte im Zyklus „Klangreisen“: www.moz.ac.at
Bild: www.victorjulienlaferriere.com