Frankreich versus Russland

KULTURVEREINIGUNG / BRUSSELS PHILHARMONIC / DENÈVE

16/11/17 Die Brüder Capuçon schrammten dieser Tage in Salzburg haarscharf aneinander vorbei. Gastierte am Wochenende der Geiger Renaud bei der Camerata, so lieferte der Cellist Gautier am Mittwoch (14.11.) das Sahnehäubchen zum Auftakt des dreitägigen Auftritts der Philharmoniker aus Brüssel.

Von Horst Reischenböck

Vor gut 20 Jahren musizierte das Orchestre Philharmonique de Liège im Großen Festspielhaus, gefolgt von Konzerten des Orchestre National de Belgique. Dieser Tage tourt „Brussels Philharmonic“ durch Österreich. Das Orchester hieß früher BRT oder Flämisches Rundfunkorchester. Unter seinem Chefdirigenten Stéphane Denève zeigt es sich nun als Topensemble. Dienstag spielte es im Großen Musikvereinssaal in Wien und abends darauf mit einem nahezu identischen Programm in Salzburg.

Elektrisierender Auftakt war des 47jährigen Franzosen Guillaume Conessons kurze „Maslenitza“, zu der ihn Russland inspirierte. Ein Einstieg in zeitgenössischer Tonsprache, der spontan anspringt und einem Klangkörper ohne großer Verständnisprobleme Möglichkeit zu optimaler Präsenz anbietet.

Édouard Lalo ist der Komponist zweier Violinkonzerte und der nach wie vor gelegentlich gespielten fünfteiligen „Symhonie espagnole“. Er ist auch Schöpfer eines für Interpreten absolut dankbaren, virtuosen Konzerts für Violoncello und Orchester. In Salzburg war das Konzert in a-Moll op. 16 erst zwei Mal zu hören. Heinrich Schiff hatte das eher sinfonische Werk, vom Konzept her typisch gallischer Prägung mit Scherzo-Einschub im langsamen Satz, einst für sein Schallplattendebüt gewählt. Schiffs Meisterklasse besuchte einst Gautier Capuçon, der sich nach dem durch Orchesterschläge kontrastierten, kadenzartigen Einstieg mit gelöstem Ton vehement sowohl in den Kopfsatz wie das tänzerische Finale verbiss. Im Intermezzo ist eine zart lyrisches Verströmen gefragt. Mit dem „Schwan“ aus Camille Saint-Saëns' „Karneval der Tiere“ kam als Zugabe ein weiteres Glanzlicht.

Nach der Pause widmeten sich Stéphane Denève und die Brüsseler dann endgültig Ballettmusik aus Russland. Mit Hinblick auf Eigenwerbung für ihre jüngste CD wählten sie zurerst eine aus Sergej Prokofjews Suiten zusammengestellte Abfolge an Stücken aus dem Ballett „Aschenbrödel“. Es ist, trotz opulent sinnlich kolorierter Klänge, in unseren Breitengraden nicht so bekannt wie „Romeo und Julia“.

Schließlich Igor Strawinskys Zweite Suite aus dem „Feuervogel“: präzise federnd, dynamisch feinst artikuliert schon der Einstieg, gefolgt vom brillant auskomponiert vorgegeben schwirrenden Flügelschlag. Danach blühten in allen Facetten die Beiträge auch einzelner Orchestermitglieder auf, etwa im überaus plastisch artikuliert kurzen Einwurf des Solocellisten in Kaschtschejs Höllentanz oder traumverloren der Oboist im Wiegenlied. Schließlich begeisterte die Farandole aus „L'Arlesienne“ von Georges Bizet als Rausschmeißer.

Heute, Donnerstag (16.11.) spielt Lars Vogt mit Brussels Philharmonic das Klavierkonzert von Edvard Grieg, auf den „Feuervogel“ folgt Maurice Ravels 2. Suite „Daphnis et Chloé“. Freitag (17.11.) spielt umrahmen Connessons „Flammenschrift“ und die „Eroica“ von Ludwig van Beethoven das Grieg-Konzert – www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV (1); www.brusselsphilharmonic.be / Genevieve Caron (1)