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Olé heißt auch auf Katalanisch so

SALZBURGER KULTURTAGE / ORQUESTRA DE CADAQUÈS

19/10/17 Katalonien in Salzburg – nein, keine Sorge, keine politischen Auseinandersetzungen, im Gegenteil: das katalanische Orquestra de Cadaquès unter der Leitung von Jaime Martin fungiert im Auftrag der Kulturvereinigung drei Tage lang im Großen Festspielhaus als musikalischer Botschafter.

Von Christiane Keckeis

Wie ein Statement wirkt der knallige Auftakt voller Selbstbewusstsein: Cataluña, die Courante aus Isaac Albéniz` Suite española, bewegt sich zwischen expressiv musikantischem Bläsereinsatz und humorvoll ziseliertem Streicherpizzicato. Das fetzt und klimpert im Wechsel und wirkt gelegentlich wie eine fast groteske Überzeichnung. Fünf durchaus skurrile Anfangsminuten.

Es folgen Leidenschaft und argentinischer Tango, programmatisch zusammengefasst unter dem Titel „Vier Jahreszeiten“. Astor Piazzollas Las Cuatro Estaciones Porteñas spielt mit Nähe und Distanz zum Vivaldischen Vorbild. Zunächst für Piazzolas legendäres Quintett (Klavier, Violine, Gitarre, Bass und Bandoneon) komponiert, wird heute gern auch das Arrangement für Violine und Streichorchester gespielt: eine Herausforderung für die Streicher, mit Klangfarben und Tongestaltung umzugehen. Leticia Moreno, die Solistin des Abends, versteht das fabelhaft. Sie entfacht ein wahres Emotionsfeuerwerk, lässt die Violine schluchzen, seufzen, im fragilsten Piano unendliche Melancholie ausdrücken, um dann mit feurigen explosiven, wenn nötig auch aggressiven, jedenfalls leidenschaftlichen Explosionen und virtuosen Kaskaden in der Leidenschaft zu versinken. Die Spannung wird ausgelotet bis an alle Grenzen, dynamisch, technisch, emotional: den Tango hat die stupende junge Geigerin eindeutig im Blut. Nicht ganz so das Orchester: manches wirkt schwammig, Intonation und Präzision überzeugen nicht immer – und die Farbigkeit – nun ja. Manches davon liegt wohl in der Bearbeitung begründet, vielleicht wäre auch eine kleinere Besetzung des Orchesters günstiger gewesen. Die Cello-Solo Kadenz im zweiten Satz zeigt, dass ein schöner Ton ohne Grenzgang doch zu wenig ist, zumal wenn der Vergleich zur in den Dialog tretenden Violine den Unterschied zwischen reiner Schönheit und purer Emotion so deutlich werden lässt.

Piazzolas „Oblivion“, die melancholische Zugabe, braucht weniger Wechsel, weniger emotionale Achterbahn und überzeugt bei weitem mehr.

Felix Mendelssohn „Schottische“ ist da ein anderes Kaliber – und hier zeigen sich die eindeutigen symphonischen Qualitäten des Orchesters. Und eine Art dramatischer Leidenschaft, die die Musikerinnen und Musiker perfekt beherrschen. Jaime Martin spielt mit Effekten, setzt sie klug und ohne Banalität: sehr plastisch, lebendig, differenziert wird da musiziert, klangschön und dennoch nie breiig. Besonderen Spaß machen die Vielzahl der Dialoge, die sehr guten Hörner, die präsenten Trompeten – überhaupt die Bläserbesetzung. Aber auch die schön unisono geführten Melodiebögen der ersten Violinen, die warmen Farben der Cellogruppe, die fließenden Übergänge, die dynamischen Bögen.

Jubel im Publikum, Jaime Martin entledigt sich zum Amusement der Zuschauenden kurzerhand der Frackweste und es folgt als erste Zugabe der Entrácte 3 aus Schuberts Rosamunde. Weil ein spanischer – oder katalonischer Abend aber nicht ohne Feuer beendet werden kann, schließlich zur Freude der Zuhörer mitreißend temperamentvoll Ruperto Chapís „La Revoltosa“. Pons schlägt als Übersetzung nicht nur „Die Aufsässige“ vor, auch „Die Unbändige“, „Ungestüme“. Olé!

Im Konzert heute Donnerstag (19.10.) gibt’s das gleiche Programm nochmal, am Freitag (20.10.) Pablo de Sarasates „Zigeunerweisen“ und von Bizet die Arlesienne-Suiten und die Symphonie Nr. 1 – www.kulturvereinigung.com    
Bei DGG ist jüngst erst die CD „Piazzolla“ der Geigerin Leticia Moreno erschienen, sie wird begleitet vom London Philharmonic Orchestra unter Andrés Orozco-Estrada
Bilder: Harrisson Parrot (1); IMG Artist (1)

 

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