Teufelstanz und Seelenreise

ARGE KULTUR / BLANK MANUSKRIPT

12/12/16 „Blank Manuskript“ sind schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Vom ersten großen Programm „Tales from an Island“ aus 2009 über das Konzeptalbum „A Profound Path“ bis zu „The Waiting Soldier“ aus 2015 spannt sich ein Bogen, der von einer konsequenten künstlerischen Entwicklung erzählt: ArtRock als Gesamtkunstwerk.

Von Heidemarie Klabacher

Ein „Konzeptalbum“ wie „The Waiting Soldier“, das 2015 als bislang jüngste Veröffentlichung von „Blank Manuskript“ auf klassischem Vinyl erschienen ist, erzählt eine Geschichte. Ein solcher „Tonträger“ trägt freilich keine Oper und auch kein Oratorium und am allerwenigsten eine Aneinandereihung einzelner Songs. Schon das erste Konzeptalbum der ArtRock-Gruppe um Dominik Wallner und Alfons Wohlmuth war durchkomponiert. Es vermittelte unter dem Titel „Tales from an Island“ programm-musikartige „Impressions from Rapa Nui“: Erzählt wurde von der Besiedelung der geheimnisvollen Osterinsel, von Leben, Kult und Sterben ihrer Ureinwohner. 2014 tourte „Blank Manuskript“ mit „Tales from an Island“ bereits im Rahmen einer inszenierten Bühnenshow rund um den geflügelten „Birdman“.

Auch am Freitag (9.12.) traten „Blank Manuskript“ bei ihrem – inzwischen erfreulicherweise regelmäßigen etwa jährlichen Gastspiel in der ARGEkultur – in einer ebenso opulenten wie selbstironischen Inszenierung auf. Für „Death 4th Impression“ haben Linda Hoffmann und Lena Kalt, die Kostüm- und die Bühnenbildnerin der Gruppe, ein reizvolles Setting geschaffen: Durchaus mit mächtigem Teufels-Gehörn, Halskrause und Spitzenjabot vor einem abstrakten Wald aus Lanzen, Speeren oder geknickten Bäumen, der im Lichtdesign von Robert Herbe beeindruckende Unzugänglichkeit vermittelte.

Aufmerken vor allem ließ natürlich die Musik zwischen kammermusikalischer Feinheit, symphonischer Weite und rockmäßiger Härte und Lautstärke: Schon in der ersten Konzerthälfte, mit den beiden Nummern „Requiem“ und „Dance of the Devils“, schien in einem einzigen großen Spannungsbogen von einer Stunde Spielzeit die Zeit still stehen. - Sofern nicht das Schlagzeug die sich immer wieder aufbauen wollenden Harmoniegebäude mit harten Schlägen zurück in die Schranken trieb.

Die Zeit still stehen lassen. Das gelingt „Blank Manuskript“ in ihren Kompositionen immer wieder, häufig durch ostinato-artige Begleitfiguren sei es im Keyboard (wie besonders eindrücklich in den Ausschnitten aus „Krasna Hora“, dem neuesten Programm und künftigen neuen Album) oder auch einmal im Saxophon. Das erinnert dann an Steve Reich ohne Takt-Schwerpunkt-Verschiebung . Aber nur, bis Schlagzeug oder E-Bass dem schwebenden Idyll in die Parade fahren.

Das Spiel mit dem musikalischen Zitat in den Nummern von „Blank Manuskript“, in denen sich improvisierte und auskomponierte Passagen abwechseln, scheint seit den Anfangsjahren der Gruppe deutlich subtiler geworden zu sein. Tatsächlich fühlte man sich bei der jüngsten Begegnung an die Kompositionen eines Wolfang Rihm erinnert. Wohl auch, weil dieser erst jüngst mit zahlreichen Werken, in denen Komponisten von Bach bis Debussy vorbeizuschauen scheinen, im Zentrum des Dialoge-Festivals gestanden ist. Vor allem aber, weil in den klugen ArtRock-Nummern von Domink Wallner & Co. aus dem „Zitat“ immer mehr die „Erinnerung an ein Zitat“ zu werden scheint. Da kommen für Augenblicke Bach-Klänge oder ein Bläser-Choral aus dem Dunkel? Durchaus. Aber der Bruch, die ironische Berchung folgt quasi mit dem nächsten Atemzug.

Die Besetzung von „Blank Manuskript“ weit über die reine Rock-Band hinaus mit Sax, Horn, Trompete, Posaune und Flöte erlaubt „analoge“ Klänge, die ihrerseits wieder verfremdet werden können. Der Klangfarbenreichtum ist beeindruckend und macht eben auch das Spiel mit Zitat oder Anverandlung so vielschichtig und reizvoll.

www.blankmanuskript.at
Bilder: Lena Kalt