Komponierte Farben und Stimmungen

DIALOGE / GEORG TRAKL-PREIS / URAUFFÜHRUNG

28/11/16 Wolfgang Rihm, Jahrgang 1952, komponiert seit seinem 13. Lebensjahr Lieder. Wolfgang Amadeus Mozart war sowieso ein Wunderkind. Und Jakob Gruchmann, Jahrgang 1991, ist einer der bemerkenswertesten jungen Komponisten der Salzburger Gegenwart.

Von Heidemarie Klabacher

Am Donnerstag (1.12.) findet im Rahmen eines Dialoge-Konzertes die Georg Trakl-Preisverleihung des Landes Salzburg statt. Der 1952 erstmals vergebne Preis ist einer der namhaften europäischen Literaturpreise. Er geht 2016 an Elke Lazina.

Die Lyrik des großen früh verstorbenen Georg Trakl inspiriert freilich nicht nur Dichter, sondern auch Komponisten. Etwa Wolfgang Rihm, der von 30. November bis 4. Dezember mit Busoni und Mozart im Zentrum der Dialoge zum Thema „Grenze“ steht. Rihm hat zunächst Texte von Ludwig Uhland, Friedrich Hebbel, Friedrich Hölderlin und Heinrich Heine vertont, „bald kam er aber in die frühe Moderne zu Rainer Maria Rilke, zu den Expressionisten, zu August Stramm, Oskar Loerke, Georg Heym, Georg Trakl“, schreibt Rainer Lepuschitz im Dialoge-Programmbuch. „Nachträglich stellte Rihm 13 Lieder aus der Jugend zu seinem Opus 1 zusammen, dem Zyklus 'Gesänge' für Stimme und Klavier. Am Anfang stehen dabei zwei Gedichte von Georg Trakl.“ Es sind die Gedichte „Untergang“ und „Geistliche Dämmerung“.

„Mit Trakl kam Jakob Gruchmann schon als Schüler im Musischen Gymnasium in Salzburg in Berührung. Es wurden Gedichte gelesen. Dann lag im Elternhaus in Hallwang – Gruchmanns Vater ist Deutschlehrer – ein Büchlein mit Trakl-Gedichten“, schildert der Programmbuchautor eine wichtige Begegnung: „Ich habe darin gelesen und zuerst nicht wirklich viel damit anfangen können“, erinnert sich der Komponist, „aber dann sind doch so manche Motive im Kopf hängengeblieben, die mir auch immer wieder bei Spaziergängen in Salzburg in den Sinn gekommen sind. Es gibt die Salzburg-bezogenen Motive, wie etwa den St. Peters-Friedhof.“

2012 hat Jakob Gruchmann einen Kompositionsauftrag zu einem Ensemblestück für das „Aspekte“-Festival in Salzburg zum Thema „Inspiration Webern“ erhalten. Dabei sei ihm auch ein Trakl-Gedicht durch den Sinn gegangen: „Am Moor“ mit der ersten Halbzeile „Wanderer im schwarzen Wind“. Die drei Gedichtstrophen wurden zur Inspirationsquelle für eine reine Instrumentalmusik und gaben Gruchmann konkrete Anregungen für die Komposition des „Windwanderers“.

Als Auftragswerk für das Land Salzburg im Rahmen des Festjahres „Salzburg 20.16“ schrieb Jakob Gruchmann den auf derzeit vier Trakl-Gedichten basierenden Liederzyklus „Melancholie des Abends“ für Bariton, Violine und Klavier. „Es können im Laufe der Jahre noch mehrere Gedichte für diesen Zyklus dazukommen – ein 'work in progress' über gleichbleibende Hauptmotive in den Dichtungen Trakls: Melancholie und Abend.“

Der Zyklus entstehe in enger Verbindung und Verbundenheit mit dem Bariton Rafael Fingerlos, der bereits Gruchmanns „Bildnisse einer verdunkelten Seele“ und „Grodek“ uraufgeführt hat - Gruchmanns im Trakl-Gedenkjahr komponierte „Kriegstrauermusik für Bariton und Orchester“.

Er lese Trakl-Gedichte auch, „wenn ich nicht an das Komponieren denke“, sagt der Komponist: „Es ist spannend, wenn man Trakls Werk immer besser kennenlernt, die Verbindungen entdeckt, die ähnlichen Motive, die auf ein anderes Gedicht zurückverweisen, aber in nun anderem Zusammenhang stehen.“ Trakls „musikalische Sprache voll von Farben und Stimmungen“ lasse sich „sehr gut in Musik übertragen“. Für den Komponisten Gruchmann sei, so schreibt Rainer Lepuschitz das „innere Hören“ entscheidend: „Der letzte Schritt ist dann, dass ich das Gehörte versuche, in Notenlinien zu konkretisieren.“ In seinen Anfängen notierte Gruchmann auch in einer nur ihm vertrauten „Geheimschrift“. Durch die herkömmliche Notation fühlte er sich noch bis vor wenigen Jahren eingeschränkt, „inzwischen steht mir die Notenschrift nicht mehr im Wege.“

Festival Dialoge – 30. November bis 4. Dezember - das Programm zum Download
Bilder: ISM/