Aus dem Vollen geschöpft

UNI MOZARTEUM / „HERBSTTÖNE“

21/11/16 Gutes soll nicht einschlafen. In Nachfolge von Initiator Lukas Hagen scharten deshalb Michael Martin Kofler, Wolfgang Redik und Imre Rohmann letztes Wochenende 52 Ausführende (!) zu beachtlicher Leistungsschau in 13 Konzerten im Solitär um sich.

Von Horst Reischenböck

Mozart im Original und Beethoven mehrheitlich in Bearbeitungen stellten das Gros der Programme, an denen sich das verantwortliche Professoren-Triumvirat auch selbst engagiert beteiligte. Wie die Besuchsfrequenz bewies, eine publikumswirksame Mixtur. Mit spielerisch „verspielter“ Unterhaltung – Mozarts D-Dur-Quartett KV 285 – stimmten am Freitag (18.11.) Flötist Michael Martin Kofler in glücklicher Übereinstimmung mit Geigerin Annelie Gahl, Milan Milojicic an der Bratsche und Cellistin Susanna Riebl in das kleine, feine Festival ein.

Vier Pianisten können ein und demselben Steinway höchst unterschiedliche Klänge entlocken. Vorerst klang er unter Händen von Zlata Chochieva merkwürdig drohend, weit dramatischer als es ihm Mozart wohl in seinem ernst gestimmten, bedeutungsschweren Klavierquartett in g-Moll KV 478 zudachte. Dem hat sich auch das Streichtrio angepasst: eher ruppig anmutend im Mit- und Gegeneinander Wolfgang Redik (Violine), Milan Radic an der Viola und Sebestyen Ludmánys Violoncello.

Mit Beethovens Siebenter Symphonie – ein erster Höhepunkt der „Herbsttöne“ – durfte man darüber nachdenken, wie solche werke nicht nur zu Lebzeiten des Komponisten, sondern bis in die 1950er Jahre hinein ohne Tonträger Verbreitung fanden. „Ich eile Ihnen zu schreiben, daß ich heute den Clavier-Auszug der Sinfonie in A auf die Post … abgeschickt habe“ kündete Beethoven 1815 in einem Brief seinem Schüler Ferdinand Ries in London an. Auch Franz Liszt trug mit seiner virtuosen Fassung zur Werkkenntnis bei, noch mehr aber dienten solchen Zwecken Bearbeitungen für häusliches Musizieren von vier Händen. Dieser von Beethoven autorisierten Version seines anderen Adepten Karl Czerny widmeten sich Tünde Kurucz und Imre Rohman hingebungsvoll in partnerschaftlichem Einverständnis. Die beiden schürften aus dem Flügel orchestrale Klangwelten und steigerten sich zuletzt begeisternd in fast schon perkussive Ekstase hinein.

Das zweite Konzert am Eröffnungsabend brachte dann Beethovens ob größerer Verbreitungsmöglichkeit eigenhändiges Arrangement seines vom Vorbild Mozart angeregten Quintett für Klavier und Bläser in Es-Dur op. 18 zum Klavierquartett zur Diskussion (den Vergleich mit dem Original lieferte dann die Matinee am darauffolgenden Vormittag). Zugleich kraftvoll zupackend wie melodiös zart widmete sich Pavel Gililov darin den Tasten, in bestem Einvernehmen mit der Geige in Händen von Pierre Amoyal, nochmals Milan Radics (Viola) und Giovanni Gnocchi (Cello). Schlüssig und einvernehmlich in einem Geist dargeboten, vermag dieses Opus nach wie vor neben dem Original durchaus eigenständig bestehen.

Eher weniger gilt das für Beethovens „Sechste“ in der Bearbeitung für Streichsextett von Michael Gotthard Fischer, über den sich das Programmheft leider ausschwieg. In der „Pastorale“ dominieren ohnedies von Anfang an Streicher, so gleich beim „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Land“. Seit Antonio Vivaldi ist auch geläufig, wie und dass Violinen – erneut Wolfgang Redik plus Maxime Michaluk – Vogelstimmen imitieren können. Dazu gesellte sich in der „Szene am Bach“ William Coleman an der 1. Viola als Kuckuck. Partner Mladen Somborac und Clemens Hagen, der am Cello das ursprünglich immer falsch einsetzende Fagott beim „Lustigen Zusammensein der Landleute“ gewohnt süffig ersetzte, mussten aber mit dem ansonsten subtil Pizzikati beisteuernden 2. Cellisten Shizuka Matsui trotz allem kraftvollen Einsatz „Gewitter, Sturm“ in Summe doch eindrucksvolle Schlagkraft schuldig bleiben. Dergleichen geht eben doch über noch so ambitioniertes Können eines halben Dutzends Beteiligter hinaus, deren Einsatz lebhaft bejubelt wurde.