Fauchen wie der Teufel, säuseln wie der Maiwind

HINTERGRUND / STIFTUNG MOZARTEUM / DIE NEUE ORGEL

29/04/10 „Manche Pfeifen sind Hunde.“ Und die liebt er ganz besonders - denn sie geben einer Orgel Charakter, Leben und Unverwechselbarkeit: Gregor Hiecke ist der Chef-Intonator der Firma „Eule Orgelbau“ aus Bautzen in Sachsen. Sie hat mit der einzigen Saalorgel Salzburgs die blühende Orgellandschaft der Stadt um ein Meisterwerk bereichert.

Von Heidemarie Klabacher

alt„Seufzen, schreien, machtvoll deklamieren, lieblich singen - eine Orgel muss alle Emotionen vorrätig haben. Die Organisten müssen diese Gefühle und Stimmungen ihrem Publikum dann vermitteln. Aber ich als Orgelbauer muss die Vorbereitungen dazu treffen, dass das Instrument das überhaupt kann.“

„Eine Orgel ist immer eine Individualität, die sich ihre Musik auch aussuchen darf: Was sie nicht mag, soll man nicht auf ihr spielen - wenn man sie achtet“, sagte Heribert Metzger. Der  Domorganist und Orgelprofessor am Mozarteum vermittelte erste Klangeindrücke. Das neue Instrument werde sich als Solo-, Kammermusik- und Orchesterpartner jedenfalls bestens bewähren, so Metzger: „Es hat eine starke Färbung Richtung Romantik, ist aber auch für Bach wunderbar geeignet.“

Domorganist Metzger schwärmte vom „Adel in der Klangbildung“, von der Mischfähigkeit der Register und der gebändigten Kraft des Instrumentes: „Ich mag keine Orgel die mich anschreit.“ Von Schreien keine Rede! Metzger improvisierte ein fast stufenlos aufblühendes Crescendo - und das feine Flöten-Pianissimo erfüllte den Saal ebenso, wie das mächtige Pleno.

altDas neue Instrument - die „Propter Homines Orgel“ im Großen Saal des Mozarteum - bekam bei der Pressepräsentation am Donnerstag (29.4.) geradezu menschliche Züge. „Die spucken regelrecht“, sagte Gregor Hiecke bei seiner Führung im Inneren des Instrumentes, quasi auf Augenhöhe mit den Kristall-Lüstern. Tatsächlich: Während tief unten am Spieltisch jemand eine einfache Bass-Linie spielt (die im Zuschauerraum sicher elegant und geradlinig angekommen ist) hört man im Inneren des Instrumentes jeden Ton als kleine fauchende Explosion. „Solche kleine Nebengeräusche manchen erst das Unverwechselbare eines Registerklanges aus“, so der Orgelbauer.

Außerdem wurde in solch unmittelbarer Nähe der Klangquellen „anschaulich“, wie weit die einzelnen Pfeifen eines Registers, einer bestimmten Klangfarbe also, räumlich voneinander entfernt sein können: „Es ist immer wichtig, bei der Konstruktion zu bedenken, wo innerhalb des Orgelgehäuses die Pfeifen stehen werden - das ist ganz entscheidend dafür, wie der Klang dann im Raum wirken wird.“

Die „Propter Homines Orgel“ (nach der „Propter Homines Stiftung“ aus Liechtenstein unter dem Vorsitz von Herbert Batliner, die die gesamten Kosten von rund einer Million Euro zur Gänze getragen hat) hat 3.393 Pfeifen, drei Manuale und ein Pedal, die mit elf Koppeln miteinander verbunden und kombiniert werden können. Die möglichen Klangkombinationen ergäben eine Zahl mit 13 Nullern, sagte Gregor Hiecke, der seit Jänner an der fix und fertig im Saal aufgebauten Orgel an der Intonation, also am Klang feilt.

altDas kann man sich tatsächlich ein wenig wie „feilen“ vorstellen: Wird (vom Labium) einer Metallpfeife auch nur der Bruchteil eines Millimeters weg geschliffen, ändere sich der Klang dieser Pfeife drastisch. „Käme man einen Millimeter zu weit, könnte man gleich zu löten beginnen und müsste ganz von vorne anfangen.“

Je höher der Bleianteil in einer Metallpfeife, umso weicher, je höher der Zinnanteil, umso härter der Klang. Kleine Holzpfeifen sind teils aus Birnenholz, die Windladen (auf denen die Pfeifen stehen und durch die die Luft strömt) sind aus Eichenholz. Die kleinste Pfeife misst zehn Millimeter, die größte fünf Meter. „Das sind Basspfeifen“, sagt Greger Hiecke, indem er auf ein feinsäuberliches Nebeneinander von unterschiedlich hohen viereckigen Holzschächten weist, die in die Tiefe führen.

Erstmals zum vollen Einsatz kommt die Orgel bei den „Dialogen“ von 6. bis 9. Mai. www.mozarteum.at
Bilder: dpk-klaba