Ausgefallene Ballettmusiken

CD-KRITIK

23/07/10 Den Namen Borusan Holding aus Istanbul wird man sich nicht nur als neuen Projektsponsor bei den Salzburger Festspielen merken müssen. Auch wegen seines 1999 ins Leben gerufenen gleichnamigen Philharmonischen Orchesters.

Von Horst Reischenböck

Seit einem Jahr leitet der Österreicher Sascha Goetzel das Ensemble. Er war als Dirigent im Tiroler Landestheater für Mozarts Da Ponte-Opern oder Puccinis "La Bohème" verantwortlich und hat kürzlich an der Wiener Volksoper "Die Entführung aus dem Serail" dirigiert. Der  Schüler des legendären Finnen Jormu Panula ist auch Chefdirigent des Kuopio Symphony Orchestra, mit dem er jüngst am 12. Juli mit Werken von Jyrki Linjama und Jean Sibelius beim Carinthischen Sommer debütierte.

Für die Referenz-CD ließ er sich ein spezielles Programm einfallen. Vorerst die selten zu hörende Suite aus Ottorino Resphighis Ballett Belkis, Königin von Saba: das Thema, das auch schon Händel kurz in der Synfony zum 3. Akt seines Oratoriums Salomon streifte. Die Uraufführung an der Mailänder Scala 1932, durch Léonide Massine choreographiert, geriet zum Triumph. Der zwei Jahre später daraus kompilierte Vierteiler wurde jedoch erst 1985 einer weltweiten Aufnahme für würdig erachtet. Der opulenten Partitur bleiben die türkischen Musiker nichts schuldig, etwa in den überwältigend mit Trommelwirbeln anhebenden Danza guerresca oder dem abschließenden Danza orgiastica. Dieses Stück wird auch im ersten Salzburger Konzert des Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra am Sonntag (25.7.) um 11 Uhr in der Felsenreitschule zu hören sein.

So lyrisch wie sie sich eingangs in Il sogno die Salomone verlieren, finden sie sich auch in des bei uns viel zu wenig bekannt gewordenen Florent Schmitts "La Tragedie de Salome" hinein. Auch dieses Stück, 1907 entstanden, ist eine Ballettmusik und wurde auch von Strawinsky hoch gelobten. Die vier Jahre danach weit umfangreicher instrumentierte Suite ruft impressionistische Reminiszenzen an Debussy oder Ravel hervor. Sasch Goetzel lässt sich acht Minuten mehr Zeit als etwa Jean Martinon, um der lasziven Klangsinnlichkeit Raum zu gewähren, er verzichtet allerdings auf die Vokalisen des Damenchors, den Schmitt zum "Danse des lumières" vorsah.

Dazwischen eingebettet Paul Hindemiths Symphonische Metamorphosen über Themen von Carl Maria von Weber - übrigens ursprünglich auch Idee zu einem Ballett von Massine. Hindemith trug schon vor dem Zweiten Weltkrieg zum Aufbau eines türkischen Musiklebens bei.

Das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra und Sascha Goetzel stellen sich bewusst internationalen Messlatten und verdienen sich mit ihrer fein ausgehörten Interpretation gegenüber all den Mitbewerbern absoluten Respekts.

Respighi: Belkis, Queen of Sheba; Hindemith: Symphonic Metamorphosis on Themes by Weber; Schmitt: The Tragedy of Salome. Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra, Dirigent Sascha Goetzel. ONYX CD 4048
Das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra spielt am Sonntag (25.7.) um 11 Uhr in der Felsenreitschule zum "Fest zur Festspieleröffnung. Zählkarten im Kartenbüro der Salzburger Festspiele (Schüttkasten)
Zur Vorschau {ln:Fünfzig Jahre nach Karajans "Rosenkavalier"}

Bild: www.saschagoetzel.com