Probe aufs Exempel

CD-KRITIK / STREICHERAKADEMIE BOZEN / SERGIO AZZOLINI

13/09/18 Mitunter lässt sich Verlorenes nur in der Zusammenschau mit anderem retten. Etwa die Serenaden von Johann Michael Haydn. Der gebürtige Bozener Fagottist Sergio Azzolini hat eine solche Abendmusik mit Wolfgang Amadé Mozarts Fagottkonzert zusätzlich „aufgemotzt“.

Von Horst Reischenböck

Lediglich zwei Serenaden des „Salzburger“ Haydn haben sich vollständig erhalten. Schon in der umfangreichen Salzburger Musikgeschichte, 2005 im Verlag Pustet erschienen, wies Manfred Hermann Schmid in seinem Artikel darauf hin, dass auch Sinfoniesätze zur Ergänzung dienlich seien. Sergio Azzolini hat auf diese Weise für seine im Vorjahr entstandene Aufnahme durch im Archiv von Benediktiner-Stift Lambach aufgefundene Sätze ergänzt. Jetzt hat es acht Teile, wie es üblich war.

Nannerl Mozart verdankt die Nachwelt Kunde darüber, dass Veranstaltungen damals mehrere Stunden dauerten. Sie mögen wohl in einer Art Patchwork durch Kompositionen von Kollegen ergänzt worden sein. Da der Mittelsatz von Michaels B-Dur-Sinfonie ein „Concertino per il Fagotto“ ausweist, war es für Azzolini als Solisten naheliegend, nach dem imaginären Aufmarsch der Musiker mit der graziösen Marcia aus dem Divertimento MH 412 Mozarts gleichfalls in B-Dur stehendes Fagott-Konzert KV 191 (186e) einzufügen.

Zusammen mit der im Originalklang musizierenden Streicherakademie Bozen bediente sich Sergio Azzolini dazu passenderweise eines der raren, noch spielbaren Fagotte aus Kaspar Taubers Wiener Werkstatt um etwa 1794. Damit meistert Azzolini grandios die sowohl virtuos wie arios gestellten Anforderungen. Er lässt absolut vergessen, wie schwierig deren Ausführung auf einem historischen Instrument tatsächlich ist. Wie auch dann in Michael Haydns seelenvollem Gesang seines Adagio mà non troppo.

Michael Haydn muss damals für die beiden auf das erste Menuett folgenden Sätze mit Clarino solo einen ausgefuchsten Könner zur Verfügung gehabt haben. Mutmaßlich war's der Freund der Familie Mozart, Andreas Schachtner. Das a“ ist der höchste Ton der damaligen Literatur. Solchen Anforderungen muss (im Vergleich zu Franz Landinger bei der Aufnahme mit der Salzburger Hofmusik) Fruszina Hara auf der Naturtrompete trotz allem Könnens doch Tribut zollen.

Es folgen ein schwungvolles zweites Menuett, das Ständchen eines Andante Scherzo und ein Allegro assai-Finale voller Temperament. Danach entlässt das ambitionierte Südtiroler Kammerorchester mit dem bestimmt akzentuierten Marsch aus Wolfgang Amadé Mozarts Cassation KV 99 (63a) aus dieser abendlich unterhaltenden Stunde Musik.

W. A. Mozart & M. Haydn. Bassoon Concerto & Serenade. Sergio Azziolini (Fagott), Streicherakademie Bozen. Sony Classical CD 88985369912 – www.prestoclassical.co.uk