Bach auf höchstem Niveau
CD-KRITIK / CORNELIA HERRMANN / BACH PARTITEN
22/06/18 „Sie ist ungewöhnlich musikalisch und sensibel – Qualitäten, die in unseren musikalischen Zeiten eher selten sind.“ So der verbale „Ritterschlag“ von Sir Andràs Schiff für Cornelia Herrmann. Mit den Partiten von Johann Sebastian Bach gelang ihr eine beeindruckende, hörenswerte Einspielung.
Von Horst Reischenböck
Die Salzburger Pianistin, Tochter zweier ehemaliger Mitglieder des Mozarteumorchesters, studierte bei Imre Rohman. Neben Andràs Schiff inspirierten sie Murray Perahia und Alfred Brendel. Seit geraumer Zeit setzt sich Cornelia Herrmann nun mit Johann Sebastian Bach auseinander. Vor einigen Jahren erschienen die Französischen Suiten. Nun nahm sie im Complesso Museale di Santa Croce von Umbertide in Italien die Partiten BWV 825 – 830 auf.
Klug in der Abfolge, spontan Aufmerksamkeit heischend stellte Cornelia Herrmann im Juni 2016 die c-Moll-Partita Nr. 2 an den Beginn. Mit ihrer punktierten Sinfonia als Einstieg, der sich in der Fuge dann beschwingt löst. Nachdenklich von der Allemande gefolgt, geht es versunken in die Sarabande hinein. Das drehende Rondeau mündet danach spritzig in die wiederholten Anläufe des finalen Capriccio.
Ähnlich die eröffnende Fantasia des Schwesterwerks Nr. 3 a-Moll, das im weiteren Verlauf mit den Trillern seiner Burleska und einem Scherzo vor der üblichen Gigue zum Schluss interessante Abwechslung in den gewohnt klassischen Kanon der Satzfolge einer Suite einbezieht.
Die Partita Nr. 4 hellt dann das Geschehen nach D-Dur auf. Aufrauschend brillant gestaltet Herrmann die Ouvertüre, gefolgt von der tiefsinnig ausgedehntesten Allemande. Eine in diesem Zusammenhang rare Aria und ein Menuett umrahmen hier die dahin schreitende Sarabande: Musik voller Klarheit, geistiger und tönender Genuss.
Genauso die zweite CD, aufgenommen im Mai 2017: Cornelia Herrmann eröffnet diese ähnlich wirkungsvoll gegliedert mit dem Preambulum Partita Nr. 5 G-Dur. Fein ausgezirkelt der mit Abstand wohl bekannteste der insgesamt vierzig Partiten-Sätze. Schwungvoll verspielt die Corrente, daneben finden sich ein in dieser Geschwindigkeit sicher nicht tanzbares Tempo di Minuetta und eine Gigue voll kontrapunktischer Finessen. Erstklassig durchhörbar.
Zart dynamisch und, wie in allen Fällen durch differenzierten Pedal-Einsatz geadelt, hebt danach das Präludium B-Dur an, das der Partita Nr. 1. Sie ist von der reinen Spieldauer her zwar die kürzeste aller sechs, erfährt hier aber genauso eine differenzierte Deutung. So in der fast schon stürmisch genommenen Corrente oder im Harfen-ähnlichen Beginn der Sarabande, gefolgt von zwei alternierenden Menuetten und hörbarem Übergreifen beider Hände in der Gigue.
Wie vom Komponisten geplant als bekrönender Schluss dieser „Clavierübung I“ die ausgedehnt vielschichtige Toccata als Anfang der äußerlich und vom gedanklichen Inhalt her gewichtigen e-Moll-Partita Nr. 6. Sie wird von Cornelia Herrmann auf dem Fazioli-Flügel so wirkungsvoll ausgeführt, dass sakrosankte Gedanken betreffs alter Tasteninstrumente gar nicht erst aufkommen. Bach hätte sich daran erfreut, genauso wie an Cornelia Herrmanns Lesart der Air, des fast schräg anmutend kecken Tempo di Gavottas oder der als Fuge verkleidet letzten Gigue samt fein gestalteter Wiederholungen. Eine begeisternde Interpretation, die süchtig zu machen versteht.
Cornelia Herrmann, Klavier: Johann Sebastian Bach, Partiten
Nr. 2, 3 & 4 BWV 826, 827 & 828 camerata CD CMCD-23043
Nr. 1, 5 & 6 BWV 825, 829 & 830 camerata CD CMCD-25044
Zum Hintergrund-Bericht über Cornelia Herrmanns heute Freitag (22.6.) beginnenden
„Musiktage Hundsmarktmühle“ Vom Meer an den See