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Liederliche Gesellschaft von allerley Humor

CD-KRITIK / SCHABERNACK

04/07/17 Den Kopf zieht man unwillkürlich ein, wenn die Schlacht losbricht und der Violone ungefähr ein akustisches Abbild gibt, wie Schwerthiebe sich anfühlen müssen. Heinrich Ignaz Franz Bibers „Battalia a 10“ klingt danach aus mit einem herzzerreißenden „Lamento der Verwundeten Musquetir“.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber halt – ist dieses Stück nicht als Ganzes „Baccho dedicirt“? Vielleicht sollte man eher alkoholselig schluchzen und sagen: „A b'soffene G'schicht“... Um den Schabernack geht es in der neuen CD des Berner Originalklangorchesters „Les passions de l'ame“. Die Geigenliteratur von Johann Joseph Fux über Heinrich Schmelzer bis H.I.F. Biber ist voll davon. Schließlich haben sie alle für kunstsinnige Auftraggeber, etwa selbst komponierende Habsburger-Kaiser oder hoch gebildete Erzbischöfe von Olmütz und Salzburg geschrieben. Sie konnten sich also sicher sein, dass ihre humorvollen Anspielungen Ohren und Geist der Adressaten erreichen.

Dieser hohe Level musikalischer Bildung kommt einem in den Sinn bei dieser Aufnahme. Die Geigerin Meret Lüthi und ihr Ensemble lassen, auf gut Deutsch, die Sau raus und man überlegt gelegentlich, ob das alles wirklich so frontal, so vordergründig effektvoll gemeint war und gespielt sein wollte. Aber der lebefrische, von Temperament überschäumende Zugriff hat natürlich etwas Überrumpelndes. Man wird an „Il Giardino armonico“ in seinen Anfängen erinnert.

Es geht übrigens auch viel hintersinniger: Da gibt es beispielsweise in der Suite „Les Combattans“ von Fux einen überraschenden Satz mit dem Namen „Perpetuum mobile“, und dazu fällt einem natürlich sofort das Stück von Johann Strauß ein, auch so ein musikalischer Scherz. Fux setzte freilich nicht auf endlos quirlende Melodien. Sein „Perpetuum mobile“ kommt als langsamer Satz daher, und es ist greifbar, dass die Energie-Genese dieses vermeintlichen Selbstläufers eben nur Behauptung, nichts als ein Schabernack ist.

In Bibers Partia IV aus Harmonia Artificiosa-Ariosa hat Pulcinella einen fast huschenden Final-Auftritt, aber es fällt leicht, auch andere Figuren der Commedia dell'arte zu imaginieren, so lebendig, wie die Tanzsätze und Arien daher kommen. Ganz besonders in ihrem Element sind die brillante Barockgeigerin Mereth Lüthi und ihre Mitstreiter in den Stücken, die Vogelstimmen aufgreifen. Schmelzers „Sonata Cu Cu“ weist den Komponisten als genauen Hinhörer auf den Vogel aus. Ihm ist wie seinem französischen Kollegen Couperin aufgefallen, dass der Kuckuck keineswegs eine kleine Terz von sich gibt, sondern einen etwas größeren Tonschritt nach unten singt. Das Lavieren zwischen diesen Intervallen macht den Reiz dieses über achtminütigen Stücks aus, und Mereth Lüthi bringt zwischen den Vogelrufen geradezu atemberaubende Skalen unter.

Auch Johann Jakob Walther (der einzige Nicht-Österreicher auf dieser CD) hat ein ausuferndes „Scherzo d'Augelli con il Cuccu“ geschrieben, und Johann Joseph Fux hat den ersten Satz seiner Ouverture pour le Rossignol extra dem Kuckuck gewidmet: ein ansehnlicher Schwarm wahrlich komischer Vögel. Im Fall von Fux wählte man sogar eine Nasenflöte, wie überhaupt die Streichermusik durch illustrativen Schlaginstrumente aufgepeppt wird, bis hin zur Maultrommel. Das freilich immer als feine Würze.

Schabernack. A treasure trove of musical jokes. Les passions de l'ame, Mereth Lüthi. deutsche harmonia mundi – www.lespassions.ch, www.sonyclassical.de

 

 

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