Und nun sein zweites Debüt…

MOZARTWOCHE / MOZARTEUMORCHESTER / PABLO HERAS-CASADO

31/01/13 Sein Mozartwochen-Debüt hat er voriges Jahr als Einspringer für Sir John Eliot Gardiner gegeben. Zu dem Zeitpunkt war Pablo Heras-Casado schon für die diesjährige Matinee mit dem Mozarteumorchester (am Mittwoch 30.1.) unter Vertrag.

Von Christiane Keckeis

Aus dem Nichts in den Fluss des Spiels zu münden ist eine besondere Kunst: Wie ein Sog zieht Heras-Casado die Musiker des Mozarteumorchesters in Strawinskis Symphonie in C, von Null auf Hundert quasi und schon mittendrin im fordernden Rhythmus, im facettenreichen Dialog zwischen (hervorragenden) Holzbläsern und Streichern. Selbstverständliche rhythmische Leichtigkeit und Präzision gelingt über weite Strecken ohne Brutalität und Härte. Die Kontrabassgruppe swingt organisch, aber ganz ohne Schwimmen und Klappern geht’s dann leider doch nicht, besonders die Violinen sind anfällig, aus der Leichtigkeit heraus Bruchteile von Sekunden zu verschleppen. Poesie und Spannung  verbinden sich im zweiten Satz, die Streicher musizieren im Wechsel mit den Holzbläsern mit zartesten Klangfarben, wogegen zuletzt die Blechbläser reüssieren. Eindrucksvoll schließlich das kraftvoll-dramatische Finale, getragen von der exorbitanten Bassgruppe.

Nach mozärtlichem Beginn entlang eines Fragments des großen Salzburger Meisters explodiert Johannes Maria Stauds „Segue“ für Cello und Orchester in einem Klangmeer. Assoziationsreich spielt Staud mit den Farben des Orchesters, mit den Möglichkeiten des Schlagwerks, mit Geräuschen, Dynamiken, Effekten. Es ist für den Zuhörer leicht, Bilder dazu zu finden, sich etwas vorzustellen. Das macht das Zuhören spannend. Im Zentrum steht das Cello, das der Klangmagier Jean­-Guihen Queyras in all seinen Möglichkeiten auslotet, virtuos, experimentell und mit allen Farben zwischen spannungsreichen Flagolet, erotischem Glissando und jazzigem Pizzicato, heraustretend und wieder  verschmelzend mit den Instrumenten, die Staud quasi in den Klang des Cellos hineinfließen lässt. Queyras lässt sich völlig ein und erzeugt damit eine Intensität, die die Zuhörerschaft in den Bann zieht. Bravi und begeisterter Beifall feiern den Solisten, wie den Komponisten und das Orchester.

Majestätisch, mit Glanz und Würde lässt die Streichergruppe Mozarts Adagio und Fuge c-moll einherschreiten,  sorgfältig musiziert, ein wenig belanglos:  ein kleines Luftholen vor dem Finale.

In glanzvollem C- Dur erstrahlt schließlich Mozarts Symphonie KV 338, prächtig und tragisch zugleich: Hier ein Augenzwinkern, dort ein Schicksalsschlag und dazwischen eine Menge Leben. Farblich und dynamisch detailreich und differenziert beweist das Mozarteumorchester unter Heras-Casado, wie Mozart fern von der Routine klingt, wie spannungsgeladen ein cantabler zweiter Satz sein kann, mit welcher überschießenden Freude ein Vivace zum Fest wird, fern vom Notenabsolvieren (und das bei der Wiederholung in der Zugabe noch freier und fröhlicher: ein Feuerwerk). Einzige Trübung: punktuell auftretende unterschiedliche Intonationsauffassungen in den mittleren Streichern. Dem Jubel des begeisterten Publikums tat dies keinen Abbruch.

Hörfunkübertragung am 22.2. um 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
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