Über die Kunst, sich zum Affen zu machen

LITERATURFEST / TERESA PRÄAUER

23/05/16 Teresa Präauer liest nicht, sie performt. Ihr glückloser Held Schimmi wird – verbal wie musikalisch – gleich einmal zum Kostümverleih geleitet. Zum Affen würde er sich machen, meint die Geliebte in gewohnt herzloser Manier. Und Schimmi wird die Widerspenstige beim Wort nehmen und ihr beweisen, dass sie wirklich alles von ihm haben kann…

Von Claudia Maria Kraml

Ein liebestoller Mann, der das Herz seiner Angebeteten um jeden Preis erobern möchte. Eine Frau, die den mühevollen Avancen ihres Verehrers leider so gar nichts abgewinnen kann. Und eine Bühne, auf der lautmalerische Dschungeltöne ebenso Raum finden wie literaturwissenschaftliche Analysen des Gesagten: Teresa Präauer „performte“ am Freitag (20.5. im Jazzit ihren Text „Oh Schimmi! Ein Abend im Zeichen der Affenmaske“.

Zunächst aber nimmt ein Trauerspiel seinen Lauf, das komischer nicht sein könnte und dennoch viel Raum für Eigeninterpretationen zulässt, denn: Was so leicht und locker hinter Präauers charakteristische Doppelpunkte geworfen wirkt, eröffnet gern neue Horizonte.

Wenn sich der selbsternannte Fellträger nun zu seinem Eroberungszug durch den Stadtdschungel aufmacht, dann fließen die sorgsam intonierten Worte im Takt, eine Anekdote des größtmöglichen Scheiterns wird zum Sprachkunstwerk.

Auditive Unterstützung erhält die in Linz geborene und mittlerweile längst über die Landesgrenzen hinaus bekannte Schriftstellerin dabei vom Medienkünstler und Musiker David Kleinl. Gemeinsam machen sie die allgemeine Urwaldstimmung greifbar, veranschaulichen die bis zuletzt unbeirrbar coole Pose des Werbers und versetzen das Stück mit einer atmosphärischen Dichte, die seine bühnentechnische Reduziertheit in den Hintergrund rücken lässt. Wieder einmal zeigt die auch künstlerisch tätige Autorin eindrucksvoll, was es bedeutet, im wahrsten Sinne des Wortes Sprachbilder zu erschaffen.

So wird aus Jimmy etwa Schimmi, der aus Verzweiflung entstandene Schimpanse, und die beharrlich affenresistente Ninni hat ihren Namen der ewig gleichen Antwort auf die betont männlichen Bemühungen zu verdanken. Wie die Übergänge zwischen den phonologischen Gleichklängen verschwimmen beim Aufeinandertreffen von machohaftem Imponiergehabe und dessen weiblichem Sprachrohr auch die Grenzen zwischen Autorin und lyrischem Ich: Fiktionalität und Wirklichkeit greifen ineinander.

Denn auch die Verfasserin selbst habe sich mit diesem Text quasi zum Affen machen wollen, bevor das im Rahmen des Wettlesens um den begehrten Ingeborg-Bachmann-Preis Anfang Juli 2015 andere mit ihr anstellten. Die Auszeichnung bekommen hat sie letztendlich nicht – leider, wie man nach dem Besuch dieser Veranstaltung hinzufügen möchte. Zitate aus ihrem Werk gibt es als Ausgleich dazu dauerhaft an Schaufenstern der Salzburger Innenstadt zu lesen. Womit sie sich in der ehrenvollen Gesellschaft von Persönlichkeiten wie Georg Trakl und Karl-Markus Gauß befindet.

Nach der Performance spricht Teresa Präauer mit der Modetheoretikerin und Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken: Um Mode geht es tatsächlich, jedenfalls hinsichtlich der Frage zur maskierenden Qualität des Affenfells und dem daraus erwachsenden Schreibpotenzial. Da kann es dann auch schon einmal vorkommen, dass die Germanistin der Autorin erklärt, wie deren Text zu verstehen sei, und in ihm eine psychoanalytisch eindeutige Lesart verortet, die sich ihrem Gegenüber noch nicht erschlossen hätte. Mit viel (Sprach-)Witz und Augenzwinkern wird etwa die Frage diskutiert, ob der Affe womöglich doch weniger Vorstufe als Progression des Menschen sein könnte, und die Figur des Schimmi ruft sowohl spontane Mitleidsbekundungen als auch die Zuschreibung gewalttätigster Fantasien auf den Plan.

Insgesamt ergibt das alles ein sehr buntes Bild, wie es die Gastgeberin selbst auch in gegenständlicher Form malen hätte können. Über gestalterische Kunstfertigkeit verfügt sie schließlich in jederlei Hinsicht. Mit der ihr eigenen Leichtigkeit setzt sie sich über Gattungs-, Genre und sonstige Grenzen hinweg, getrieben vom ständigen Zweifel am Unmöglichen.

Bilder: Literaturfest Salzburg/Alex Hoerner