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Peep-Show mit Poesie

SCHAUSPIELHAUS / EUROPARK / POETRY PEEP

07/06/13 Schummriges Licht, roter Samt, Glasscheibe: Peepshow eben. Aber für Gedichte. „Die Shopping Mal ist heute das, was früher der Marktplatz war. Und Marktplatz und Theater gehören seit jeher zusammen“, sagt Robert Pienz. Und so hätten Europark und Schauspielhaus sich gefunden: „Aus Lust am Spiel.“

Von Heidemarie Klabacher

400Eintreten. Euro einwerfen. Poesie genießen. Lyrik auf Knopfdruck und trotzdem nicht vom Band: Leibhaftige Schauspielerinnen und Schauspieler sitzen im Zentrum des tiefschwarzen Rundbaus hinter der Trennwand und lesen dem Gast via Kopfhörer exklusiv ein Gedicht aus der gewählten Kategorie vor. „Ein Jüngling liebt ein Mädchen, die hat einen anderen erwählt…“ Heinrich Heine hat die Schauspielerin Sinikka Schubert DrehPunktKultur aus der Kategore „Romantisch“ vorgelesen: mit elegant timbrierter Stimme, ein wenig distanziert, aber nicht ohne Gefühl: Eine alte Geschichte eben.

Ein Kollege wurde in der Kategorie „Modern“ mit Berthold Brechts „Erinnerung an die Marie A.“ konfrontiert: „Und auch den Kuss, ich hätt’ ihn längst vergessen, wenn nicht die Wolke da gewesen wär...“ Wer freilich nach Einwurf eines Euro auf der Messingtafel den Knopf „Komisch“ gedrückt hatte, konnte „Ottos Mops“ begegnen oder sogar dem „Heroischen Pudel“.

401Gedichte im Einkaufszentrum? Geht’s noch komischer?

„Wir haben in den kommerziellen Raum bewusst etwas so Unkommerzielles, wie Lyrik gebracht. 'Peep Show', die totale Käuflichkeit, wurde etwas so Unverkäuflichem wie Poesie gegenübergestellt“, sagte Schauspielhauschef Robert Pienz heute Freitag (7.6.) bei der Pressepräsentation im Europark zu diesem Versuch einer „künstlerischen Intervention im öffentlichen Raum“.

402„Der Europark hat alles finanziert, hat uns die Spielfläche zur Verfügung gestellt – und uns inhaltlich in Ruhe gelassen.“

Es tue ihm manchmal ein wenig weh, sagte Europark-Geschäftsführer Christoph Andexlinger, „dass wir nur auf das Wirtschaftliche reduziert werden“. Dabei habe schon in der „Frühzeit“ etwa immer wieder das Kleine Theater im Europark gastiert. Mit der Errichtung des „Ovals“ habe man bewusst einen kulturellen Akzent gesetzt: „Das war von Anfang an kein Marketing-Schmäh, wie viele Leute gemeint haben, dazu ist es einfach zu teuer. Hätten wir es damals nicht gebaut, würde heute niemand fragen: ‚Warum gibt es hier kein Theater’. Inzwischen ist das Oval aus der Salzburger Kulturszene nicht mehr wegzudenken.“

404Mit der Poesie-Peep-Show „Poetry Peep“ sei man trotzdem bewusst nicht ins Oval gegangen, sondern absichtlich mitten in den Trubel: „Wir wollten diese Polarisation: An einem Ort, wo so viele Menschen sind, wird einem Einzelnen eine Minute mit einem Schauspieler und mit sich selbst geschenkt.“

„Kunst wird hier gemocht“, bestätigt Robert Pienz. Und so begegne man – nach dem scheckenförmigen Weg ins Dunkle, Ungewisse – seinem Schauspieler für sich allein: „Es hat schon wirklich was Theatralisches“, freut sich der Prinzipal über den wirklich hinreißenden Wurf „Poetry Peep“.

Die Suche nach Gedichten habe am Schauspielhaus im Vorfeld eine richtige Eigendynamik entwickelt, erzählte der Hausregisseur und Dramaturg Christoph Bartscheider: Immer noch mehr Gedichte seien vorgeschlagen und zur Diskussion gestellt worden. „Bis wir ein Rundmail an alle geschickt haben: Jetzt können wir wirklich keine weiteren Gedichte mehr brauchen.“

403Bis zu acht Schauspieler werden sich an den langen Samstagen von 10 bis 18 Uhr abwechseln: „Wir haben die Gedichte richtig studiert, wir mussten echt üben. Es ist für uns alle eine einzigartige Gelegenheit, sich so intensiv mit Lyrik zu beschäftigen. Wann nimmt man sich denn schon die Zeit dazu?“

Die Euros, die durch den Münzeinwurf zusammen kommen werden, werden einem gemeinnützigen Zweck zugeführt. Über eine Erweiterung des Poesie-Angebots in Richtung Nicht-Deutscher Lyrik, werde bereits nachgedacht, ebenso über Tourneen von Poetry Peep in weitere Einkaufszentren.

Poetry Peep – Europark (Erdgeschoss/Platz unterhalb des Ovals): Samstag (8.6.) 10-18 Uhr; Montag (10.6.) bis Donnerstag (13.6.) jeweils 15-18 Uhr; Freitag (14.6.) geschlossen wegen Theaterfest des Schauspielhauses; Samstag (15.6.) 10-18 Uhr
Bilder: dpk-klaba

 

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