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Ist Rauris ein Wiesel oder ein Seemannsruf?

RAURISER LITERATURTAGE / ERÖFFNUNG

31/03/11 „Mutter, ich habe heute ein Rauris gesehen!“ – Kommt Ihnen an diesem Satz etwas rätselhaft vor? Willkommen in der Welt von Dorothee Elmiger, der diesjährigen Gewinnerin des Rauriser Literaturpreises.

Von Nina Ainz

Rauris – das stand bisher für Wintersport und die Literaturtage. Doch seit der festlichen Eröffnung der diesjährigen Rauriser Literaturtage am Mittwochabend (30. 3.) wird der Name Rauris in den Köpfen der Besucher des Eröffnungsabends noch viele weitere Bilder hervorrufen.

Dorothee Elmiger hielt anlässlich des ihr verliehenen Rauriser Literaturpreises für ihr Debütwerk „Einladung an die Waghalsigen“ eine raffinierte, wunderbar poetische Rede, in der sie sich auf die Suche nach dem Ort Rauris begab, den sie als Schweizerin bisher nicht kannte. Worte sind doch an sich schon Orte, sinniert sie und stellt sich flugs das Wort „Rauris“ als einen Seemannsruf vor, den sich die Matrosen beim Lichten des Ankers zurufen. Im nächsten Moment könnte Rauris auch ein Tier sein, ähnlich einem Wiesel oder einem Eichhörnchen, und so kommt es, dass Rauris plötzlich Nüsse sammelt und einen Moment später am Fenster vorbei galoppiert.

Wer bei der Eröffnung der 41. Rauriser Literaturtage im Gasthof Grimming einen Sitzplatz ergattern wollte, musste schon früh dort sein. Die Eröffnungsreden hielten wie üblich der Rauriser Bürgermeister Robert Reiter, die Intendantin Brita Steinwendtner und die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die Rauris als einen „Kraftplatz der Gegenwartsliteratur“ bezeichnete. Anschließend verlieh sie Dorothee Elmiger den begehrten Rauriser Literaturpreis für den besten Debütroman.

„Einladung an die Waghalsigen“ handelt von zwei Schwestern, die in einer verlassenen Landschaft, die vom einstigen Kohleabbau gezeichnet ist und unter der unlöschbare Feuer wüten, nach dem Fluss „Buenaventura“ (guter Wind) suchen. Vor dieser öden, oft als postapokalyptisch bezeichneten Kulisse breitet Elmiger viele Fragen auf, deren Antworten sie selbst nicht kennt, wie sie im Gespräch zugibt. „An der ganzen Geschichte ist nichts Geheimnisvolles, wenngleich sie stellenweise für Verwirrung sorgen und dadurch schreckhafte Gemüter beunruhigen mag, wie es das Leben auch oft tut. Dies kann leider nicht verhindert werden.“ So heißt es gleich zu Beginn des Buches und stellt beinahe eine Verhöhnung des Lesers dar, der mit all der Rätselhaftigkeit des Textes schließlich selbst fertig werden muss.

Samuel Moser hielt die Laudatio auf Elmiger (nachzulesen in der aktuellen Ausgabe der Literaturzeitschrift „SALZ“), in der er unter anderem den „unwiderstehlich arroganten Titel“ und die Leerstellen des Textes lobt, die der „eigentliche Reichtum von Dorothee Elmigers Roman“ seien. Einige dieser Leerstellen konnte die Autorin während des Vormittags-Gespräches mit Christa Gürtler und Studierenden der Universität Salzburg heute Donnerstag (31. 3.) im Platzwirt füllen.

Bereitwillig gab Elmiger Auskunft über ihren Zugang zum Schreiben, die Rolle der Recherche und ihre Gedanken zum Titel des Buches. Ist der eher bruchstückartige Text tatsächlich ein Roman? Schreiben heiße für sie immer auch sammeln, sagt sie, und so habe auch ihr Arbeitstitel „Die Buenaventura-Sammlung“ geheißen. „Sammlung“ scheine ihr überhaupt eine geeignetere Bezeichnung für ihr Buch zu sein. Der tatsächliche Titel gefalle ihr zwar, betone aber die Waghalsigkeit zu stark, denn ihre Erzählung sei eine Einladung an alle.

Auch zur Rolle, die ihre Ausbildung an den Literaturinstituten in Biel und Leipzig in Verbindung mit ihrer plötzlichen Popularität in der Literaturszene spiele, äußert sie sich eher unbefangen. Das sei schon kritisch beäugt worden, sagt sie, aber für sie sei das Literaturinstitut immer in erster Linie eine Möglichkeit gewesen, ihre Texte mit anderen Studenten und Mentoren besprechen zu können.

Es gibt aber auch Dinge, über die Dorothee Elmiger nicht gern spricht. Die Bedeutung des Pferdes „Bataille“, das im Buch vorkommt, gehört dazu ebenso wie die Rolle der Kapitelbezeichnungen, die alle auf verschiedene Orte verweisen und somit keine eindeutige Verortung zulassen. Sie habe zwar ganz bestimmte Bilder dazu und hätte auch die Anordnung keineswegs zufällig gewählt, wolle aber, dass sich die Leser ihre eigenen Vorstellungen davon machen könnten. Auf diese Fragen wolle sie also leider keine Antworten geben. „Ich hoffe, das ist nicht unhöflich,“ sagt sie und lächelt verschmitzt. Die Rätsel von „Einladung an die Waghalsigen“ bleiben also weiterhin ungelöst – zum Glück.

www.rauriser-literaturtage.at
Bild: www.rauriser-literaturtage.at
Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris wieder Studierende von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung "Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2011)" am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.

 

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